Essen hält Leib und Seele zusammen – an kaum einem anderen Ort bewahrheitet sich diese Redensart so sehr wie im Spital. Und kaum eine andere Küche wird in Fachkreisen so oft belächelt: «Ihr kocht doch nur Brei und habt sonst einen lockeren Job.» Robert Hubmann, Küchenchef des GZO Spitals Wetzikon, kennt solche Kommentare und weiss, dass sie ungerechtfertigt sind: «Viele Schweizer Spitalküchen leisten Ausserordentliches.» Auch er und sein 25-köpfi ges Team wissen am Abend, was sie geschafft haben: Pro Jahr gehen 165 000 Mahlzeiten raus – für Patientinnen und Patienten sowie das Buffet der Mitarbeitenden. Logisch, dass bei dieser Menge jeder Handgriff sitzen muss.
«Viele Schweizer Spitalküchen leisten Ausserordentliches.»
Disziplin und Konzentration sind gefragt, vor allem am langen Fliessband, wo die Mahlzeiten für die Patientinnen und Patienten zusammengestellt werden. «Fehler können wir uns keine erlauben», sagt Robert Hubmann. Wer sich hektische Betriebsamkeit vorstellt, liegt jedoch falsch. Fokussiert richtet die Küchencrew die Speisen an.
37 verschiedene Diätformen
Sorgfalt ist in der Spitalküche wichtig, denn je nach Krankheit und Behandlung ist eine spezielle Kost notwendig. Das Team arbeitet deshalb eng mit der hauseigenen Ernährungsberatung zusammen und beschäftigt ausgebildete Diätköchinnen und -köche. Zubereitet werden insgesamt 37 Kostformen: von salzarm über gluten- und laktosefrei bis zu Aufbaukost bei Mangelernährung oder speziellen Speisen bei Diabetes. Nicht umsonst heisst es deshalb, dass die Verpflegung im Spital genauso wichtig ist wie die medizinische Versorgung. Robert Hubmann bekräftigt: «Die Spitalküche ist komplex, ich würde sogar sagen, komplexer als die Küche in einem Sternerestaurant.» Gesund und schmackhaft kochen – auch dies ist eine besondere Herausforderung.
Das GZO Spital Wetzikon hat den Auftrag, Patientinnen und Patienten beim Gesundwerden optimal zu unterstützen. Dazu gehört, wie erwähnt, die Verpflegung. Sie soll helfen, wieder zu Kräften zu kommen, und idealerweise dem eigenen Gusto entsprechen. Robert Hubmann orientiert sich deshalb an den Essgewohnheiten des Zürcher Oberlands – einer bodenständigen Küche mit bekannten und regionalen Zutaten. «Gut kochen ist mit einfachen Produkten schwieriger als mit Edelstücken wie Filet.»
«Unser Essen wird gelobt, wir bekommen viele anerkennende Rückmeldungen.»
Auf die Kochtechnik komme es an. Aber selbst wenn jemand alles essen darf, sind gewisse Abstriche notwendig. «Wir verwenden keine blähenden Zutaten, nur ein bisschen Wein zum Abschmecken, wenig Zwiebeln und Knoblauch, und wir würzen nicht scharf», sagt der Küchenchef. Was serviert wird, schmeckt also anders als daheim oder im Restaurant. «Trotzdem wird unser Essen gelobt, wir bekommen viele anerkennende Rückmeldungen.»
Wenig Food-Waste
Wertschätzend und respektvoll – das sind für Robert Hubmann zwei wichtige Grundsätze seines täglichen Handelns. Damit meint er einerseits den fairen Umgang miteinander und den Dienst an der Gesellschaft, indem er Lernende ausbildet (siehe «Who is who»). Andererseits geht er haushälterisch mit Ressourcen um, und das fängt jeden Morgen um 6 Uhr bei den Menüplanungen und den Bestellungen an. Wichtiger Punkt dabei, um Food-Waste zu vermeiden: Welche Mengen werden tatsächlich benötigt? «Wie die Patientenbelegung ist, wissen wir ja, und im Mitarbeiterrestaurant kochen wir nach und nach, je nach Bedarf.» Zwar sei es hier schwieriger, die exakte Zahl an Mahlzeiten zu planen. Trotzdem müsse nur wenig weggeworfen werden.
Jeden Tag kochen
Um effizienter zu arbeiten und mit weniger Personal auszukommen, wird in vielen Grossküchen an nur noch zwei bis drei Tagen vorproduziert. Das Essen wird danach aufgewärmt. Robert Hubmann ist von dieser Arbeitsweise nicht überzeugt, weil sie seinen Angaben nach eigentlich mehr Aufwand bedeutet: Die vorgekochten Speisen müssen zum Schockfrosten aus dem Kochkessel in einen anderen Behälter umgefüllt werden. Zum Aufwärmen ist ein weiteres Umfüllen in ein geeignetes Gefäss nötig. «Unter dem Strich hätten wir doppelt so viel zu spülen und mehr Energie verbraucht», sagt der Küchenchef. Deshalb kochen er und sein Team jeden Tag. Was heisst: Zwei Tage im Voraus werden die Zutaten zusammengestellt und gerüstet, denn das benötigt die meiste Zeit. Gekocht ist dann schnell – frisch zubereitet und nährstoffreich. Ein weiterer Vorteil: Während vorgekochte Mahlzeiten zwei Tage verwendet werden dürfen, erlaubt das Lebensmittelgesetz bei frisch zubereiteten Speisen drei Tage – einen Produktionstag plus zwei Haltbarkeitstage. Auch dies reduziert im GZO Spital Wetzikon Lebensmittelabfälle und schont wertvolle Ressourcen.