Barbara Friedli, Simone Degiacomi (vorne), Landbesitzer Lorenzo Polin und Hannes Mark starteten das Projekt Hauser Garden
Hotellerie Tanja Millius 13.08.2024

Nachhaltiger Genuss: Permakultur auf 1721 Metern

Nachhaltigkeit und Umweltschutz werden im Hotel Hauser im Herzen von St. Moritz grossgeschrieben. Deshalb lag es nahe, eigenes Biogemüse, Salat und Kräuter, anzubauen und den Gästen anzubieten. Die Philosophie spiegelt sich im Hauser Garden wider, der nach Permakultur-Prinzipien gestaltet wurde.

Als die Geschwister Nina und Nik Hauser 2015 das Hotel Hauser von ihren Eltern übernahmen, hatten sie eine Vision: eigene Lebensmittel für das Restaurant anzubauen. «Wir lieben frische und regionale Produkte und halten immer Ausschau nach dem nächsten Projekt», erklärt Nik Hauser, Co-Direktor des Hotels. Dieselbe Ideologie, was Nachhaltigkeit betrifft, und eine gute Kollegin, die Gärtnerin ist: Daraus entstand das Projekt Hauser Garden.

Umweltschonende Permakultur

Für die Geschwister war klar, dass sie einen Garten nach den Prinzipien der Permakultur anlegen wollten. Diese Bewegung hat zum Ziel, zukunftsfähige, ökonomische und ökologisch stabile Systeme zu schaffen, in denen Menschen, Tiere und Pflanzen einander unterstützen und bereichern. Permakultur steht für einen respektvollen Umgang mit der Natur. Überschüsse und Ressourcen wie Energie, Zeit oder Geld werden gerecht geteilt. Die Kulturlandschaft soll vielseitig nutzbar und ertragreich sein und einer Vielzahl von Lebewesen wertvollen Lebensraum bieten. Zu einer naturnahen, stabilen und widerstandsfähigen Landwirtschaft tragen auch geschlossene Kreisläufe und effiziente Wasserversorgungssysteme bei. Dadurch regeneriert sich der Boden ständig und bleibt auch für nachfolgende Generationen fruchtbar. Techniken wie Mulchen, Kompostieren und keine Bodenbearbeitung sind üblich, um den Boden reich an Mikroorganismen und Nährstoffen zu halten

Seit dem Frühling 2022 bewirtschaftet das Garten-Team des Hotels ein 120 Quadratmeter grosses Stück Land in Samedan. In der ersten Saison wurde Anfang Jahr im Gewächshaus allerlei Gemüse gezogen. Anfang Juni kamen die Setzlinge aufs Feld. «Gepflanzt haben alle zusammen, auch unsere Mitarbeitenden», erinnert sich Nik Hauser. Zudem kooperiert das Hotel mit verschiedenen Bauern und Gärtnern in der Region, um die Auswahl an lokalen Lebensmitteln auf der Speisekarte zu erweitern.

«Wir wollen unseren Gästen
das knackigste und gesün-
deste Gemüse servieren.»

Nik Hauser
Co-Direktor Hotel Hauser

Den Boden kultivieren, die Transportwege kurz halten und ein hoher Qualitätsanspruch an Gemüse und Früchte waren die grössten Treiber für den Hauser Garden. «Wir wollen unseren Gästen das knackigste und gesündeste Gemüse auf dem Teller servieren – nach permakulturellen Vorgaben», so Nik Hauser.

Sorgfältige Planung

Diese Saison ist Gärtnerin Yael Ehrenberg zusammen mit Hannes Mark für den Hauser Garden zuständig. Sie bringt viel Erfahrung aus Permakultur und biodynamischem Anbau mit. Ein für sie spannendes Projekt, nicht zuletzt wegen der Höhenlage des Gartens auf 1721 Metern über Meer. Zumal sich die Nachhaltigkeitsprinzipien von Nina und Nik Hauser mit ihren eigenen decken. Was sie besonders freut: «Der Boden ist hervorragend in Bezug auf pH-Wert und Nährstoffe. Das ist meiner Meinung nach einer der wichtigsten Faktoren für eine nachhaltige Landwirtschaft.»

«Die Höhenlage beeinflusst Temperatur, Feuchtigkeit und Niederschlag.»

Yael Ehrenberg
Permakultur-Gärtnerin

Die Bewirtschaftung eines Permakultur-Gartens in einer Höhenlage wie dem Hauser Garden hat ihre Tücken und erfordert eine sorgfältige Planung. «Die Vegetationsperiode ist kurz und dauert nur etwa vier Monate – ausserdem muss man auf den ersten Frost, etwa Mitte Oktober, und die letzten Frosttage, etwa Mitte April, achten», erklärt Yael Ehrenberg. In diesem alpinen Klima sind auch rasche Wetterumschwüngen wie Frost, Hagel oder Starkregen möglich. Und Nik Hauser ergänzt: «Die Temperaturunterschiede zwischen kalten Nächten und heissen Tagen sind schon extrem.»

Ein weiterer Faktor, den es im Hauser Garden zu berücksichtigen gilt, ist die Sonne: «Mit zunehmender Höhe wird die Sonneneinstrahlung härter und trocknet den Boden schneller aus», sagt Ehrenberg. Deshalb empfiehlt es sich, den Boden mit Mulch, Stoffabdeckungen oder einer dichten Bepflanzung zu schützen, bei der das Laub einen Schutz vor Verdunstung bildet.

Richtige Gemüsesorten wählen

Die Anzahl der Tage bis zur Ernte ist ein wichtiger Faktor bei der Auswahl der Gemüsesorten, damit die Pflanzen in der frostfreien Jahreszeit gepflanzt werden können und in der letzten Wachstumsphase geschützt sind. «Deshalb ist es ratsam, Gemüse mit einer möglichst kurzen Reifezeit anzubauen», erklärt Yael Ehrenberg. Dazu gehören Blattgemüse wie Spinat, Grünkohl, Rucola, Mangold, Chicorée, Blattsalate wie Kopfsalat, asiatische Gemüsesorten und Wurzelgemüse wie Pastinaken, Rüebli, Sellerie, Radieschen und Rettich. Auch Lauch, Zwiebeln und Erbsen können in höheren Lagen erfolgreich angebaut werden, ebenso verschiedene Kräuter und essbare Blüten wie Borretsch und Kapuzinerkresse, Thymian, Minze und Rosmarin. Im Hauser Garden werden verschiedenste Salate, Mangold, Federkohl, Zwiebeln, Randen, Rüebli, Knollensellerie und viele Kräuter angebaut.

So harmonieren Küche und Garten

Bei der Planung der verschiedenen Gemüsesorten und Salate im Permakultur-Garten ist die Einbeziehung des Küchenchefs von entscheidender Bedeutung. «Es muss eine enge Zusammenarbeit zwischen dem Küchenchef und dem Garten-Team geben, um ein Menu zu entwickeln, das mit dem angebauten Gemüse zubereitet werden kann», sagt Yael Ehrenberg. Einerseits muss der Küchenchef wissen, was in dem Gebiet, in dem der Garten liegt, angebaut werden kann. Zum anderen ist es wichtig, dass der Gärtner während der gesamten Saison eine bestimmte Menge an Salat, Kräutern und Gemüse liefert, damit das Menu auf der Karte gesichert ist. Der Gemüseanbau hängt von vielen Faktoren innerhalb des Mikroklimas im Garten ab.

«Wir möchten die Gäste
sensibilisieren, Gutes zu
essen und Gutes zu tun.»

Nik Hauser

Das kann dazu führen, dass die Ernte unterschiedlich ausfällt. Auch das Servicepersonal muss gut über die angebauten Lebensmittel informiert sein. So kann es den Gästen die nachhaltigen Optionen auf der Speisekarte erklären und über die Herkunft der Lebensmittel Auskunft geben. «Wir möchten die Gäste sensibilisieren, Gutes zu essen und Gutes zu tun. Das Stichwort heisst Achtsamkeit», so Nik Hauser. Interessierte Gäste können während ihres Aufenthalts auch den Hotelgarten besuchen respektive aktiv mithelfen und selbst etwas ernten. Am Abend geniessen sie dann ein Gartenmenu.

 

Nachhaltig glücklich

Yael Ehrenberg schätzt den Elan und die Leidenschaft, mit der das Hauser-Team den Garten bewirtschaftet und freut sich, ihren Teil beitragen zu können. «Ich glaube, dass es ein Vorbild für die Gastronomie in der Region sein wird, ebenfalls nachhaltiger zu werden und ihre Lebensmittel selbst anzubauen.» Der Zeitaufwand für die Bewirtschaftung eines Permakultur-Gartens ist individuell und hängt für die Permakultur-Gärtnerin vom Standort, von der Grösse und vom Zweck ab – und natürlich davon, wie viele Menschen an den Aktivitäten beteiligt sind. «Aber ich würde sagen, es ist eine Vollzeitbeschäftigung, die sich sehr lohnt, weil sie anderen Menschen Gesundheit und Glück bringt.» Kein Wunder, dass der Hauser Garden ein Herzensprojekt ist.

 

 

Tipps und Tricks für den hoteleigenen Permakultur-Garten

  • Hat Ihr Hotel eine Terrasse, eine Dachterrasse oder einen kleinen Garten? Hier können Sie einen eigenen Gemüsegarten anlegen, auch wenn er noch so klein ist.
  • Nutzen Sie lokale Informationsquellen, um herauszufinden, welche Gemüsesorten in Ihrer Region am besten gedeihen und welche Anforderungen sie an den Anbau stellen.
  • Experimentieren Sie auf einer grösseren Fläche und arbeiten Sie eventuell mit einem lokalen Landwirt zusammen.
  • Binden Sie die Mitarbeitenden in den verschiedenen Phasen der Anbausaison ein, um sie für die Herkunft der Lebensmittel zu sensibilisieren.
  • Lassen Sie sich beraten oder beauftragen Sie einen Fachmann, der Ihnen bei der Erstellung eines Permakultur-Plans und eines geeigneten Produktionsplans für Ihr Restaurant helfen kann.
  • Passen Sie sich der Natur an, anstatt sie zu bekämpfen.
  • Teilen Sie Ihr Wissen und arbeiten Sie mit Gleichgesinnten zusammen.
  • Verwenden Sie keine synthetischen Dünger oder Pestizide.
  • Bauen Sie nicht nur eine Pflanzenart an.

Weitere Tipps und Hinweise finden Sie unter:
www.permakultur.ch