Network 12.10.2018

Nach harten Jahren erste Signale einer Trendwende

Jahresmedienkonferenz GastroSuisse in Bern: Der Branchenverband GastroSuisse konnte nach mehreren Jahren des Umsatzrückgangs im Gastgewerbe erstmals wieder positive Ergebnisse verkünden. Der Umsatz des Ausserhaus-Konsums betrug im Jahr 2017 insgesamt 23,6 Milliarden Franken, was im Vergleich zum Vorjahr einem Wachstum von 5,6 Prozent entspricht.

Es braucht jedoch einen nachhaltigeren Aufschwung, damit die Branche ein dauerhaft wettbewerbsfähiges Niveau erreicht. Der Kampf auch um internationale Marktanteile hat die Branche viel Substanz gekostet. 

"Es gibt Lichtblicke", erklärte GastroSuisse-Präsident Casimir Platzer an der Jahresmedienkonferenz am 25. April 2018 in Bern. Noch sei das Gesamtbild der Branche aber sehr durchzogen und regional verschieden. Zum Jubeln sei es verfrüht, so Casimir Platzer, selber Hotelier in Kandersteg. "Die letzten Jahre waren eine harte Schule und haben die Branche viel Substanz gekostet. Um wieder dauerhaft wettbewerbsfähig zu werden und investieren zu können, braucht es einen nachhaltigeren Aufschwung", stellte er fest. Dabei sei sich die Branche bewusst, versicherte er, dass sie den Wandel antizipieren müsse. "Aber auch die Politik muss ihren Beitrag leisten." Dabei nannte der Verbandspräsident notwendige Massnahmen für mehr Beschaffungsfreiheit sowie weniger Regulierungskosten und Marktverzerrungen

Politische Prioritäten 2018

Für einen gefreuten Start ins Jahr 2018 sorgte die Bestätigung der Bundeskanzlei der zustandegekommenen "Fair-Preis-Initiative", die für mehr Beschaffungsfreiheit für Schweizer Unternehmen kämpft. "Die Politik hat noch die Möglichkeit, etwas zu bewegen; gelingt das nicht, wird es das Stimmvolk richten müssen", hielt Casimir Platzer fest. Für GastroSuisse steht fest: weder der blosse Fokus auf Geo-Blocking noch der Abbau von Industriezöllen sind ausreichend. Es braucht eine Anpassung des Kartellgesetzes, um künftig missbräuchliche Schweiz-Zuschläge zu unterbinden.

Besondere Aktualität hat für die Branche zurzeit die Umsetzung der Masseneinwanderungsinitiative, die am 1. Juli 2018 abgeschlossen sein soll. Relevant für die Meldepflicht ist die durchschnittliche nationale Arbeitslosenquote, deren Berechnung sich auf die Schweizerische Berufsnomenklatur 2000 abstützt. Diese weist jedoch grundlegende Mängel auf, wie der GastroSuisse-Präsident darlegte. So macht zum Beispiel die Berufsart "Küchenpersonal" keinen Unterschied zwischen Fach- und Hilfskräften. Auch werden Berufsabschlüsse und Ausbildungsprofile der arbeitslosen Personen nicht berücksichtigt. "Die fehlende Differenzierung führt zu einer Verfälschung der Arbeitslosenquote, was inakzeptabel ist", so Casimir Platzer, der intensive Gespräche mit dem Seco führt.

Eine weitere Priorität betrifft das Familienzulagengesetz; ein verhältnismässig junges Gesetz. Die Erfahrungen bringen einen stossenden Systemfehler an den Tag: die strukturellen Unterschiede zwischen den verschiedenen Branchen und Familienausgleichskassen sind so gross, dass der ursprünglich angestrebte Solidaritätsgedanke nicht funktioniert. Gesamtschweizerisch schwanken die Beitragssätze um das 33-fache, was einige Branchen stark benachteiligt. Deshalb unterstützt GastroSuisse die Motion von Ständerat Isidor Baumann, welche den Systemfehler beheben will. Nach Annahme im Ständerat zählt GastroSuisse nun auch auf den Nationalrat.

Eine Korrektur von Ungleichbehandlung und gleich lange Spiesse in der Praxis forderte Casimir Platzer schliesslich für die traditionelle Berherbergung im Vergleich zu Airbnb-Anbietern. Das betrifft vor allem Steuern, Abgaben, Meldepflicht, Hygiene- und Sicherheitsvorschriften. "Wir stellen uns dem Wettbewerb", erklärte der GastroSuisse-Präsident. "Wir wehren uns aber gegen eine ungleiche Behandlung." Es muss unbedingt eine konsequentere Unterscheidung durchgesetzt werden zwischen privaten Gelegenheitsanbietern von Zimmern und professionellen und kommerziellen Anbietern.

Regionalprodukte sind im Trend

Das Gastgewerbe steht unter einem enormen Kostendruck. Umso mehr gilt es Chancen zu nutzen, die der Markt signalisiert. Dazu zählt das Gästeinteresse an direktvermarkteten Produkten, also Lebensmitteln wie Eier, Gemüse oder Fleisch unmittelbar ab Hof.

Ein gewichtiges Potenzial ortet GastroSuisse-Direktor Daniel Borner in der vermehrten Zusammenarbeit zwischen Gastronomen und landwirtschaftlichen Erzeugern. Heimische Produkte direkt ab Hof gehören bereits heute ins gastgewerbliche Angebot, doch das Entwicklungspotenzial ist noch hoch. Gastro-Unternehmerin Eveline Neeracher vom Gasthof "Sternen" Thörishaus und Gemüsebauer Jakob Schwab der Seeländerspargeln GmbH in Kerzers erzählten anschaulich von Chancen und Herausforderungen solcher Kooperationen.

Daniel Borner präsentierte in Bern neue Erkenntnisse aus einer aktuellen GastroSuisse-Befragung von gastgewerblichen Betrieben einerseits und Konsumenten anderseits. Darin kommt klar zum Ausdruck, dass die Relevanz von direktvermarkteten Produkten in Zukunft weiter steigen wird. Diesem Thema widmet sich eine gemeinsame Arbeitsgruppe von GastroSuisse und dem Schweizer Bauernverband.

Beim Ranking der beliebtesten Produkte ab Hof sind sich Konsumenten und Betriebe einig: Eier und Gemüse gehören zu den Spitzenreitern. "Über 80 Prozent der befragten Gäste signalisierten eine gewisse Bereitschaft, für direktvermarktete Produkte in einem Restaurant mehr Geld auszugeben", so Daniel Borner.

Bediente Gastronomie im Aufwind

Diese Tendenzen gehen einher mit den beliebtesten Konsumtrends der Schweizer Wohnbevölkerung: geachtet wird auf hausgemachte und frisch zubereitete Speisen, Biologisches sowie Produkte, die wenig Lebensmittelverschwendung verursachen.

"Von der positiveren Konsumentenstimmung konnte im vergangenen Jahr insbesondere die bediente Gastronomie profitieren, das heisst die herkömmliche und die Ländergastronomie", stellte Vorstandsmitglied Gilles Meystre anhand des neuen "Branchenspiegels" von GastroSuisse fest. "Diese Bezugsquellen weisen einen Jahresumsatz von 16,4 Milliarden Franken aus." Die Gesamtausgaben im Bereich von Fast-Food-Restaurants, Take-aways und Imbiss-Ständen waren im Vergleich dazu leicht rückläufig. Die Gäste nahmen sich offensichtlich über Mittag wieder etwas vermehrt Zeit, um in den Restaurants zu konsumieren. Ob sich diese interessante Entwicklung in Zukunft weiter bestätigt, wird sich zeigen.

Die Vielfalt des Schweizer Gastgewerbes ist gross. Die insgesamt über 29'000 Hotellerie- und Restaurationsbetriebe sind zugleich ein gewichtiger Wirtschaftsmotor. Die Branche gehört zu den grössten Arbeitgebern des Landes. Sie gibt über 250'000 Personen eine Beschäftigung und bildet ungefähr 8000 Lernende aus.

GastroSuisse ist der Verband für Hotellerie und Restauration in der Schweiz. Die Organisation mit dem Gründungsjahr 1891 setzt sich seit mehr als 125 Jahren für die Interessen der Branche ein. GastroSuisse ist der grösste gastgewerbliche Arbeitgeberverband mit gegen 20'000 Mitgliederbetrieben (davon rund 2500 Hotels), organisiert in 26 Kantonalverbänden und vier Fachgruppen.

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VON:
KA BOOM media