Der Wind weht kühl um die Ohren, als ich an diesem Frühlingsmorgen mit der Zehendermätteli- Fähre die Aare überquere. Kaum auf der Engehalbinsel angekommen, werde ich von Vogelgezwitscher empfangen. Überall um mich herum spriessen die Knospen. Schneeglöckchen säumen den Weg und die lilafarbenen Veilchen verströmen einen zauberhaften Duft. Simon und Anna Tauber heissen mich zusammen mit Marcel Geissbühler in der neuen Zehendermätteli Oase willkommen. 2019/2020 setzten sie sich in einem aufwendigen Bewerbungsverfahren gegen 20 Konkurrenten durch und führen seit 2021 den Gastrobetrieb im Nordwesten von Bern in einer dreier Co-Leitung. Die Beiz, zu der vier Hektaren Land gehören, ist weit mehr als ein Ausflugsrestaurant: «Unsere Gäste dürfen eine ‹Oase des Lebens› geniessen, in der wir nachhaltige Speisen und Getränke kredenzen, kulturelle Veranstaltungen durchführen und spezielle Events in einmaliger Atmosphäre verwirklichen», sagt Simon Tauber, Geschäftsführer Zehendermätteli. «Wir lieben es, Menschen zusammenzubringen, die Gemeinschaft zu pflegen und das Leben zu feiern.»
«Wir lieben es, Menschen
zusammenzubringen, die
Gemeinschaft zu pflegen und
das Leben zu feiern.»
Eine Kultur der Wertschätzung und Würde
«Wir bieten nicht nur kreative Lösungen für aktuelle gesellschaftliche Herausforderungen, sondern langzeitarbeitslosen und geflüchteten Menschen auch sinnvolle Arbeits- und Ausbildungsplätze», sagen die Jungunternehmer. Ziel von ihnen sei es, zu zeigen, dass ein Unternehmen und eine Gesellschaft in einer Diversität funktionieren kann und soll. Sie sind von einem partizipativen Führungsstil überzeugt und erkennen umliegende Ressourcen und Synergien, weshalb sie auch die Nachbarschaft am Aufbau des Betriebs teilhaben lassen.
«Unser Wirken dient der
Gesellschaft, wir wollen
inspirieren, ermutigen und
möglich machen.»
«Wir sind füreinander da, inspirieren und motivieren uns gegenseitig und schreiben gemeinsam die Erfolgsgeschichte des Zehendermätteli», sagt der 37-jährige Berner. Weil ihnen soziale Gerechtigkeit am Herzen liegt, investieren sie in die Inklusion von Menschen mit Migrationshintergrund oder erschwertem Zugang zum Arbeitsmarkt und schaffen damit eine Kultur der Wertschätzung und Würde. «Unser Wirken dient der Gesellschaft», erklärt Simon Tauber. «Wir wollen inspirieren, ermutigen und ermöglichen.»
MITMACHEVENTS
Das Zehendermätteli hat einen partizipativen Charakter. Durch das Mitwirken in der Community kann jeder Mensch aktiv im Zehendi mitarbeiten und ein Teil davon werden. Diese Mitmachevents begeistern: Menschen aus verschiedenen Generationen, Kulturen und Gesellschaftsschichten kommen in Kontakt, erleben Austausch und Gemeinschaft und können ihr Wissen erweitern.
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Mit der Natur arbeiten
Die vier Hektaren Land werden mit dem Ziel, die Biodiversität und die Artenvielfalt zu fördern und eine klimaschonende Landwirtschaft zu betreiben, nach den Prinzipien der Kreislauflandwirtschaft und der Permakultur gestaltet und kultiviert. «Unsere Gäste sollen gleichzeitig verwöhnt und sensibilisiert werden für gesunde, ökologische und fair produzierte Lebensmittel », erklärt Simon Tauber.
Permakulturell gestaltete Lebensräume werden als System aufgefasst, in denen das Zusammenleben von Menschen, Tieren und Pflanzen so miteinander kombiniert wird, dass die Systeme zeitlich unbegrenzt funktionieren. Die Philosophie dahinter ist: «Mit der Natur und nicht gegen sie zu arbeiten», sagt der gelernte Landschaftsgärtner. Ziel einer permakulturellen Planung sei es, durch geschlossene Stoffkreisläufe langfristig stabile Ökosysteme zu schaffen, die sich selbst erhalten und nur minimaler menschlicher Eingriffe bedürfen.
«Wir wollen Parallelgesellschaften
und sozialer Ausgrenzung
entgegenwirken.»
Permakultur-Projekte nutzen dabei die Speicherung von Regenwasser, nutzen Sonnenenergie effizient, verbessern die Bodenfruchtbarkeit und praktizieren eine naturnahe Abfallvermeidung, bei welcher der Output des einen Systemelements als Input für die anderen genutzt wird.
Menschen eine Chance geben
«Mit unserem Engagement setzten wir uns dafür ein, dass Menschen in schwierigen Lebensumständen eine Chance erhalten und Teil unserer Gesellschaft sind», sagt Simon Tauber. «Wir wollen Parallelgesellschaften und sozialer Ausgrenzung entgegenwirken.» Hat ein Mensch eine sinnerfüllte Aufgabe, Tagesstruktur und ein soziales Umfeld, wirke sich das positiv auf seine Gesundheit und sein Selbstvertrauen aus. In der Hauptsaison arbeiten bis zu 40 Personen in den verschiedenen Bereichen. «Wir sind ein buntes, internationales Team», sagt der gelernte Arbeitsagoge. Es werden Arbeitsplätze für Menschen mit Fluchthintergrund und Menschen, die von Langzeitarbeitslosigkeit betroffen sind, sowie für Jugendliche in herausfordernden Lebenssituationen, die für eine Ausbildung fit gemacht werden, angeboten.
«Mit unserem Einsatz setzen wir positive Akzente für sozialpolitische und volkswirtschaftliche Themen», sagt der Geschäftsführer. «Wir wollen als Unternehmen ein Vorbild sein und andere Firmen inspirieren.»