Hotellerie Bettina Bellmont 30.04.2021

HotellerieSuisse setzt auf Webinare

Schnell und einfach Informationen vermitteln: HotellerieSuisse geht digitale Wege und startete während des Lockdowns mit Webinaren – ein Format mit Potenzial. Ueli Schneider, der Mann fürs Digitale bei HotellerieSuisse, erzählt im Interview, wie die Projektphase ablief.

Herr Schneider, bereits im ersten Lockdown hat HotellerieSuisse Webinare angeboten. Warum?

Schon vor Corona machten wir uns Gedanken darüber, wie wir über neue Kanäle möglichst schnell und nah an unsere Mitglieder kommen. Da ich in meiner Freizeit einen Podcast produziere, war ich mit der Technik schon vertraut und kannte die Vorteile digitaler Lösungen. Der Lockdown bildete dann die Initialzündung, mit den Webinaren zu starten. Einfach, weil wir gemerkt haben, dass täglich jede Menge neuer Informationen aufkamen, die unsere Mitglieder verarbeiten mussten. Die Informationen wollten wir möglichst schnell, einfach verständlich und faktenbasiert vermitteln – und so entstand die Idee für Webinare. Wir starteten mit einer Testphase, um zu sehen, ob wir überhaupt ein Publikum haben.

Was ist der Vorteil des Formats?

Die Aufbereitung von klassischen Formaten wie Newsletter, Merkblätter und Co. benötigen immer sehr viel Zeit. Bei einem Webinar geht das hingegen sehr schnell. Wir haben oft erst am Freitag entschieden, welches Thema wir am folgenden Mittwoch bringen

«Die Situation im Frühjahr 2020 war zugegebenermassen ein Momentum.»

 

und mit welchen Experten wir es diskutieren. Dadurch konnten wir im Lockdown sehr schnell auf aktuelle Brennpunkte reagieren. Und vor allem muss niemand reisen, sondern kann sich von zuhause aus vom Küchentisch zuschalten und teilnehmen.

 

Hatten Sie keine Probleme, in so kurzer Zeit Referenten und Experten für die Idee zu begeistern?

Erstaunlicherweise überhaupt nicht. Es war super einfach. In der Zeit des ersten Lockdowns waren alle Referenten ausnahmslos zuhause und somit verfügbar. Auch hatte keiner Berührungsängste mit den digitalen Möglichkeiten – sie wollten alle beim Webinar mitmachen und nahmen sich Zeit dafür. So lief das Organisieren problemlos. Die Situation im Frühjahr 2020 war zugegebenermassen ein Momentum. Heute ist der digitale Terminkalender bereits wieder voll und es ist schwieriger, kurzfristig Referenten zu finden.

Die Themen der Webinare drehen sich um Digitalisierung, neue Chancen und Social Media. Hat das mit dem Format oder Ihrer Rolle als Leiter Business Development zu tun?

Eine gewisse Prägung kommt natürlich von meinem Team, das möchte ich nicht von der Hand weisen. Sicherlich sind wir sehr affin gegenüber digitalen Themen und versuchen, diese in die Branchen hineinzutragen. Aber wir haben den Fokus besonders auf Themen gesetzt, zu denen wir Feedback oder Fragen von unseren Mitgliedern erhalten haben. Aktuelle Situationen waren sicherlich der Hauptantrieb für das Webinar. Wir wählten oft ein Thema, das sehr aktuell war, wie zum Beispiel Social Media oder die Frage, wie man beim Lockdown vorgeht. Als der Bundesrat diesen vorbereitete, entschlossen wir rasch, dazu mehr Hands-on-Informationen zu geben, denn gerade in den Städten haben die wenigsten Hoteliers Erfahrung darin, einen Betrieb herunterzufahren. Alle Infos gebündelt per Webinar zu verbreiten, half uns sehr.

Wurde das Angebot rege genutzt?

Die Teilnehmerzahlen waren je nach Webinar ganz unterschiedlich. Wir konnten dabei lernen, welche Themen unsere Mitglieder wirklich interessierten. So gab es auch Diskussionen, die wir persönlich grossartig fanden, aber für die sich nur 25 Personen zuschalteten. Verstehen Sie mich nicht falsch, das ist eine tolle Zahl, aber bei anderen Webinaren hatten wir rund 150 Teilnehmende. Anfangs Sommer sank die Zuschaltquote dann allmählich. Die Hotels durften wieder öffnen und hatten in der Sommersaison viel zu tun. Deshalb pausierten wir die Testphase, um das Konzept zu verbessern.

Und wer nahm teil? Technikaffiner Nachwuchs oder gestandene Hoteliers?

So genau können wir das nicht sagen, denn für die Webinare musste man sich nicht anmelden. Mit dem Webinar-Link kann man sich einfach einklinken.

«Wir konnten dabei lernen, welche Themen unsere Mitglieder wirklich interessierten.»

 

Auch Nichtmitglieder waren dazu eingeladen. Bei der Fragerunde am Ende des Webinars war aber immer das eine oder andere bekannte Gesicht dabei. Ein generelles Muster lässt sich bei den Teilnehmenden nicht erkennen.

 

Erhielten Sie Rückmeldungen zu den Webinaren?

Ja, es gab einige Hoteliers, die sich mit positivem Feedback meldeten. Und auch intern wurden wir oft darauf angesprochen, dass die Webinare gerne gesehen sind. Allgemein bekam HotellerieSuisse während der Lockdowns viele Rückmeldungen von Mitgliedern, die sehr dankbar für die Arbeit waren, die wir leisten. Hier wurden die Webinare immer wieder als gutes Beispiel genannt. Insofern wurde es sehr begrüsst, dass wir über die Webinare informierten.

Es gibt das Vorurteil, dass Teilnehmer in Webinaren weniger aktiv mitmachen, weil sie sich unbeobachtet fühlen – und dadurch weniger Informationen aufnehmen. Können Sie das aus eigener Erfahrung bestätigen?

Das lässt sich nicht so einfach beantworten. Anfangs planten wir für die Fragerunde mehr Zeit ein. Es wurden aber wenig Fragen gestellt, was darauf hindeuten könnte, dass Webinarteilnehmer tatsächlich eher halbherzig dabei sind und nebenbei noch anderen 

«Mit Sicherheit bieten die digitalen Möglichkeiten viele Vorteile.»

 

Aufgaben nachgehen. Das sind aber, wie gesagt, nur Annahmen. Mit Sicherheit bieten die neuen digitalen Möglichkeiten viele Vorteile, aber – und das merken wir ja alle mit Videogesprächen und Onlinemeetings – ein Nachteil ist, dass die Interaktion nicht gleich einfach gelingt, wie wenn man zusammen in einem Raum sitzt und sich plötzlich eine Diskussion zu einem Thema ergibt. Online kommt das selten vor und ist schwieriger.

 

Lohnen sich Webinare zur Informationsvermittlung trotzdem?

Ja, denn es gibt einen weiteren entscheidenden Vorteil. Zusammen mit der EHL und der Hotelfachschule Thun haben wir eine Online-Learning-Plattform lanciert. Sie heisst Typsy und bietet über 700 professionelle Onlinekurse und eben auch unsere Webinare. Diese Videoaufnahmen stehen nur registrierten Mitgliedern zur Verfügung und lassen sich jederzeit im Replay anschauen. Das ist natürlich ein riesiger Vorteil des digitalen Settings. Wenn man Webinare aufzeichnet, vielleicht schnell schneidet und hochlädt, stehen sie danach für Schulungszwecke zur Verfügung. Es braucht für die Aufnahme kein grosses Equipment wie Kamera, Licht und Mikrofon – man muss nur den Aufnahmeknopf der Webinarsoftware drücken. Im Gegensatz dazu ist der Mitschnitt bei einem Seminar vor Ort extrem aufwendig.

Mitte März haben Sie die Webinare wiederbelebt. Warum gab es die Pause?

Auch wenn die Umsetzung einfacher ist, sind We- binare für uns am Ende doch ein Aufwand. Das darf man trotz allem nicht unterschätzen. Deshalb wollen wir nur Themen bringen, wenn auch genügend Publikum da ist. Daher haben wir die Wintersaison abgewartet. Im Gegensatz zur ersten Testphase hatten wir dieses Mal mehr Zeit für die Vorbereitung und haben intern ausführlicher über Themenideen und die Realisierung gesprochen. In unserer Kommunikation wollen wir nun noch stärker betonen, dass unsere Mitglieder die Webinare jederzeit auf Typsy nachschauen können. Live finden die Webinare jeweils am Dienstag, 11 Uhr, statt.

Heisst das, Sie werden die Webinare auch in Zukunft anbieten?

Das wollen wir auf jeden Fall angehen. Ziel ist es, die wichtigsten Informationen von HotellerieSuisse jeweils mit einem Webinar zu begleiten. Zum Beispiel könnten so Änderungen und Bedingungen der Klassifizierung für die Sternekategorien mit einfachen digitalen Mitteln aufgezeichnet und unseren Mitgliedern zur Verfügung gestellt werden. So nutzen wir die Onlinetools besser und umfangreicher. Man könnte das noch weiterdenken: Die Hotelfachschule Thun musste beispielsweise alle ihre Kurse auf Remote Learning umstellen, was es ermöglichen würde, alle Schulungssequenzen aufzuzeichnen und allenfalls auch einem grösseren Publikum zur Verfügung zu stellen. Gerade machen wir uns viele Überlegungen dazu, wie man die grossen Chancen der Digitalisierung auch nutzt und die Vorteile mitnimmt für die Zeit nach der Coronakrise. Denn Webinare sind ein neues Kommunikationsmedium, das sich beim Grossteil der arbeitenden Bevölkerung etabliert hat, nicht nur in der Schweiz, sondern auf der ganzen Welt. Diesen Schwung sollten wir mitnehmen und einsetzen.

Ihr Fazit fällt also sehr positiv aus?

Ja, absolut. Ich müsste nach negativen Punkten intensiv suchen. Für HotellerieSuisse ist es eine gute Erfahrung und unsere Mitglieder bewerten die Webinare positiv. Das einzige, was wir sicherlich beobachten müssen: Wie reagieren die Zuschauerinnen und Zuschauer mit der Zeit auf die Webinare? Flaut ihr Interesse ab? Gibt es allgemeine Ermüdungserscheinungen? Kann sein, dass wir uns nach der Krise wieder nach tatsächlichen Kontakten sehnen und digitale Meetings und Webinare einfach nicht mehr nutzen wollen. Vielleicht entsteht dadurch ein Gegentrend zu mehr physischen Weiterbildungen in einem Klassenzimmer. Das wird die Zukunft zeigen.

Interviewpartner: Ueli Schneider - Der Mann fürs Digitale bei HotellerieSuisse

Ueli Schneider engagiert sich seit über sechs Jahren für die Belange von HotellerieSuisse. Er ist Mitglied der Geschäftsleitung und Leiter der neuen Abteilung Business Development von HotellerieSuisse sowie Stiftungsrat der Hotelfachschule Thun. Die Branche begleitete ihn schon in der Lehre: Ueli Schneider startete mit einer kaufmännischen Ausbildung an einer Hotelrezeption und arbeitete auch während seines Wirtschaftsstudiums in der Hotellerie. Seine Doktorarbeit schloss er zum Thema «Destinationenmarketing im Kontext der Nachhaltigkeit» ab. In seinem eigenen «Hospitality Booster»-Podcast spricht er mit Branchenexperten über innovative Konzepte.

HotellerieSuisse

Typsy Online Learning

EHL Hotel Schoo

Hotelfachschule Thun

Podcast: Hospitality Booster

VON:
Bettina Bellmont