Nachhaltig ist ein Trendthema, auch in der Geschäftswelt gehört sie zum guten Ton. Marco Barbon, bringt es einem Unternehmen wie Ihrem denn konkret, wenn es auf Nachhaltigkeit achtet?
Da gibt es verschiedene Punkte. Einerseits geht es um den Ruf der Firma. Viele Menschen achten immer stärker auf Nachhaltigkeit, gehen zum Beispiel lieber in ein Hotel, dass sich auf Nachhaltigkeit ausrichtet. Deshalb kann ein Unternehmen Kundinnen und Kunden gewinnen, wenn es sein Engagement im Bereich Nachhaltigkeit kommuniziert. Andererseits gewinnt man durch Nachhaltigkeitsmassnahmen oft auch direkt Geld, denn sie können zu Einsparungen führen. Nachhaltigkeit zahlt sich aus.
Die Sunstar-Gruppe hat die Verantwortung für Umwelt und Gesellschaft in ihren Unternehmensgrundsätzen festgehalten. Haben Sie uns ein Beispiel für konkrete Massnahmen?
Eine der besten und wichtigsten Massnahmen ist – aus meiner Sicht – die Zusammenarbeit mit myclimate. Dazu gehört, dass wir Daten zusammentragen, um unseren ökologischen Fussabdruck nachzuweisen und unseren Umgang mit Ressourcen zu dokumentieren. Dazu erhalten wir jedes Jahr einen Bericht von myclimate. Zudem binden wir über die myclimate-Initiative «Cause We Care» unsere Gäste mit ein: Der Gast kann seinen Aufenthalt weitestgehend CO²-neutral gestalten, indem er pro Nacht einen Beitrag zugunsten der Nachhaltigkeit zahlt. Immer mehr Gäste wählen diese Option bei der Buchung. Das ist für uns sehr erfreulich, denn so schlagen wir zwei Fliegen mit einer Klappe: Einerseits bekundet der Gast seinen Willen und bezahlt etwas dafür, andererseits können wir diese Beiträge für ein zweigleisiges Programm einsetzen. Dazu ein Beispiel: Wir nehmen 100’000 Franken myclimate-Beiträge ein. Das verdoppeln wir als Betrieb. Die total 200’000 Franken investieren wir etwa hälftig in nachhaltige Sanierungen unserer Hotels und in grosse Programme von myclimate, beispielsweise in Aufforstungen. Wir wählen jedes Jahr Projekte aus, die wir unterstützen wollen.
Welche Massnahmen haben Sie in Zusammenhang mit myclimate intern umgesetzt?
Das grösste Projekt war die Umrüstung der Gästebusse von Benzin- und Dieselfahrzeugen auf Elektrobusse – eine Investition von fast 300’000 Franken. Das haben wir nun an allen Standorten umgesetzt, zum Beispiel in Davos, Grindelwald, Lenzerheide und Arosa. Heute gibt es Standard-Elektrobusse. Doch als wir vor zwei Jahren mit der Umstellung anfingen, hatten wir bei der Suche nach grossen Elektrofahrzeugen echt Schwierigkeiten. Schliesslich liessen wir Busse umbauen.
Wie ist das erste Fazit nach dieser Umstellung?
Die Gäste finden es absolut toll. Die Busse fahren sehr ruhig, das ist entspannend und angenehm. Und dass wir keinen CO² -Ausstoss mehr haben, ist natürlich für die Luft und die Menschen draussen wertvoll. Wir
«Die Elektrobusse funktionieren sehr zuverlässig.»
verfügen über eigene Ladestationen, das funktioniert super: Die Chauffeure kommen zurück, schliessen das Fahrzeug an und es wird geladen. Die Elektrobusse funktionieren sehr zuverlässig.
Wie sieht es mit den Kosten aus?
Die Investition ist zwar höher, ein Elektrobus kostet 20 bis 30 Prozent mehr als ein konventioneller Bus, doch die Wartung und der Unterhalt sind massiv günstiger. Da bleibt eigentlich nur der Pneuwechsel und irgendwann, schätzungsweise nach 10 Jahren, muss man vielleicht die Batterie wechseln.
Höhere Investitionen, dann aber tiefere Betriebskosten – und damit unter dem Strich ein Spareffekt: Das wird bei vielen Nachhaltigkeitsmassnahmen als Vorteil genannt.
Zu Recht, denn die langfristige Betrachtung ist tatsächlich wichtig. Bei solchen Investitionen darf nicht das Ziel sein, sie innerhalb von zwei Jahren zu amortisieren. Man rechnet auf fünf, je nach Produkt gar auf zehn Jahre hinaus. Dann zahlt sich die Investition auch aus wirtschaftlicher Sicht aus – bezüglich Nachhaltigkeit natürlich schon viel früher.
Nutzen Sie diese längerfristige Betrachtung jeweils auch als Argument, um Kollegen in der Geschäftsleitung oder den Verwaltungsrat von Nachhaltigkeitsprojekten zu überzeugen?
Eines der wichtigsten Argumente ist, dass eine Firma wie wir in der Hotelbranche auch einen Beitrag für die Umwelt leisten muss – und dass das nicht gratis ist. Ich bin immer wieder erstaunt: Für Nachhaltigkeitsmassnahmen brauche ich gar nicht gross zu kämpfen, denn unserem Verwaltungsrat ist Nachhaltigkeit wirklich auch ein grosses Anliegen. Gute Erfahrungen mache ich damit, dass ich bei jedem Projekt Synergien suche: Ist ohnehin eine Sanierung oder zum Beispiel ein Lobby Umbau geplant, überlege ich mir, was wir bei dieser Gelegenheit gleich noch für die Nachhaltigkeit tun können. Ein Beispiel: Ich plane
«Von Ölheizungen muss man sich heute verabschieden.»
eine Küche in Davos. Da ersetzen wir nicht einfach alle Geräte durch energieeffizientere Modelle, für die man möglicherweise auch noch Fördergelder bekommt, sondern schauen uns die Küche ganzheitlich an. Das hat dazu geführt, dass wir eine bedarfsgesteuerte Lüftung installierten, eine sogenannte integrale Lüftungsdecke. Sie läuft nicht einfach von morgens bis abends durch, sondern misst permanent die Aktivität und fährt das Lüftungsvolumen entsprechend rauf oder runter. Da investiert man natürlich ein paar Franken, aber auf Dauer bringt das Einsparungen.
Wie sieht es mit dem Heizungsersatz aus? Das ist ja ein wichtiger Hebel in Sachen Nachhaltigkeit und Klimafreundlichkeit.
Auch hier schauen wir bei Sanierungen natürlich, was am meisten Sinn macht. Früher wurden in der Regel Ölheizungen installiert, aber davon muss man sich heute verabschieden und auf Luft- oder Erdsonden-Wärmepumpen, Holzpellets oder Fernwärme umstellen. Wir haben bereits einige Betriebe umgerüstet. Die verbleibenden Ölheizungen werden bei der nächsten Sanierung durch Systeme mit erneuerbaren Energien ersetzt.
STECKBRIEF
Marco Barbon
Leiter Facility der Hotelgruppe Sunstar
Als Leiter Facility der Hotelgruppe Sunstar ist Marco Barbon für die Nachhaltigkeit im Bereich Infrastruktur verantwortlich. Dazu gehört auch die Reinvestion von myclimate-Geldern zur CO² -Kompensation. Marco Barbon stiess im März 2018 zur SunstarGruppe, davor arbeitete er 38 Jahre lang in ähnlicher Funktion bei der Swissôtel-Gruppe. Ursprünglich absolvierte er eine Ausbildung zum Elektroinstallateur, später bildete er sich zum Technischen Kaufmann weiter.
Also sind Erneuerungen, die ohnehin anstehen, Treiber für Nachhaltigkeitsmassnahmen. Wo kann die Initialzündung sonst noch stattfinden?
Wir fragen uns in den verschiedensten Bereichen regelmässig, was wir zur Verbesserung der Nachhaltigkeit unternehmen können. Zum Beispiel bei den Chemikalien. In den Hotelgruppen brauchen wir grosse Mengen an Reinigungs- und Putzmitteln. Hier sind wir eine Partnerschaft mit der Firma Steinfels eingegangen – unter anderem deshalb, weil sie in der Schweiz ihren Sitz hat und auch hier produziert. In diesem Zug haben wir die Mischung der Putzmittel
«Es ist viel effizienter, wenn eine Grosswäscherei hundert Hotels beliefert und zentral wäscht.»
fürs Housekeeping in der ganzen Gruppe automatisiert. Die Mitarbeitenden mischen die Mittel nicht mehr selbst aus Wasser und Konzentrat, sie erhalten auf Knopfdruck eine fertige, exakt dosierte Mischung aus der Dosieranlage. Ein weiteres Beispiel ist die Wäscherei. In einem grossen Hotel braucht man da einen riesigen Lingeriepark mit Tumblern, Waschmaschinen und Mangeln, um die Bettwäsche zu glätten. Gerade die Mangeln verbrauchen sehr viel Strom. Wir haben nun beschlossen, dass wir Maschinenparks, die das Ende ihrer Lebensdauer erreicht haben, nicht mehr ersetzen. An diesen Standorten wird die Lingerie ausgelagert. Es ist natürlich viel effi zienter, wenn eine Grosswäscherei hundert Hotels beliefert und zentral wäscht.
Aber damit werden Transporte zwischen den Hotels und der Wäscherei nötig.
Das stimmt, doch die Rechnung geht durchaus auf. Denn auch die Transporte lassen sich effi zient gestalten. Mit einer einzigen Lastwagentour kann man ja mehrere Hotels bedienen – und all diese Betriebe brauchen dann alle keinen eigenen Maschinenpark mehr. Zentralisierung kann übrigens auch eine interne Massnahme zur Steigerung der Nachhaltigkeit sein. So haben wir vor drei, vier Jahren den Druckerpark aufgelöst. Anstelle von vielen dezentralen gibt es nun nur noch wenige Drucker – je nach Hotelgrösse einen oder zwei. Das hat zu einer massiven Reduktion des Toner- und Stromverbrauchs geführt.
Sie haben 40 Jahre Erfahrung im Bereich Hotelinfrastruktur. War Nachhaltigkeit früher weniger Thema – oder hat man entsprechende Massnahmen einfach anders betitelt?
Massnahmen gibt es natürlich schon lange. So wurde vor rund 30 Jahren das Wassersparen aktuell. Ich habe damals Duschen und Wasserhähne mit der ersten Generation von Sparbrausen bzw. -düsen ausrüsten lassen. Parallel dazu entwickelten wir mit einer Firma, die es heute leider nicht mehr gibt, eine Sparfunktion für bestehende WC-Spülkästen. Und wir fingen an, in den Hotelzimmern Hauptschalter zu installieren, damit bei Abwesenheit nicht unnötig Strom verbraucht wird. Ich arbeitete damals für eine grosse, internationale Hotelkette. Um sich von Mitbewerbern abzuheben, wollte sie die Zimmer mit Extras wie Kaffeemaschine, Bügeleisen und einem leistungsfähigen Fön ausstatten. Das stand natürlich quer zu meinen Energiesparbemühungen, aber natürlich ist das Wohl des Gasts nicht zu vernachlässigen. Heute sind solche Geräte in Hotelzimmern Standard, aber sie sind dank technologischem Fortschritt auch deutlich effizienter als damals. Das gilt ganz besonders auch für die Beleuchtung, da gibt es gerade mit der neusten Generation der Qualitäts-LED-Leuchten, die in der Hotellerie eingesetzt werden, enorme Einsparungen.
Und welche grösseren Nachhaltigkeitsprojekte möchten Sie noch anpacken?
Der nächste grössere Schritt wäre die Sanierung von Fassaden und Fenstern. Das sind grosse Investitionen, aber das möchte ich gerne anpacken, denn damit kann man enorm viel dazu beitragen, den Energiebedarf fürs Heizen und Kühlen zu senken. In den Berghotels geht es natürlich eher um das Heizen, aber auch in Grindelwald, 1000 Meter über Meer, kann es im Sommer schon sehr warm werden. Da haben sich asiatische und arabische Gäste auch schon darüber beklagt, dass die Klimaanlage fehle. Wir sagen dann immer, wir hätten eine Mountain Airconditioning – einfach das Fenster aufmachen. Wir müssen es einfach gut und mit etwas Humor verkaufen (lacht). Jedenfalls kann mit gut gedämmten Fassaden und Fenstern enorm viel Energie gespart werden. Natürlich kostet eine solche Sanierung viel, aber dafür gibts zum einen Fördergelder, zum anderen kann man die Erneuerung der Gebäudehülle ja auch etappieren. Fensterersatz und Fassadensanierung: Das ist mein nächstes grosses Ziel.
SUNSTAR HOTELS
Die Sunstar-Holding AG mit Sitz in Liestal (BL) besitzt und betreibt neun Ferienhotels im Viersternesegment in den Schweizer Bergen, im Tessin und im Piemont. An den Standorten Arosa, Davos, Klosters, Lenzerheide, Grindelwald, Wengen, Zermatt, Brissago und Isola d’Asti (Piemont) bieten sie insgesamt rund 1650 Betten. Sunstar setzt sich seit 2008 für klimaneutrale Ferien in allen Schweizer Betrieben ein.