Am Anfang waren die Pioniere – umweltbewusste und technikaffine Hoteliers, die ihr Gasthaus mit einer Solaranlage bestückten. Pioniere wie die Betriebsgenossenschaft des Öko-
hotels Ucliva in der Bündner Surselva. Sie liessen Anfang der 80er-Jahre Sonnenkollektoren installieren, welche seither das Brauchwasser aufheizen. Andere Hotels folgten dem Beispiel, die meisten setzten ebenfalls auf Solarthermie, um Warmwasser aufzubereiten und, je nach Leistung der Anlage, die Heizung zu unterstützen. Eine Photovoltaikanlage (PV-Anlage), die Solarstrom erzeugt, war in den Anfängen eine kostspielige Angelegenheit, die spitz budgetierende Gastwirte abschreckte.
«Solaranlagen liefern auch im Mittelland gute Stromerträge.»
Die Mehrheit der Solarpioniere empfängt ihre Gäste entweder auf 1000 Metern über Meer und höher, das heisst auch im Winter oft über der Nebelgrenze, oder ihr Hotel steht auf der Alpensüdseite, wo ebenfalls reichlich Sonneneinstrahlung anfällt. Dabei liefern Solaranlagen auch im Mittelland gute Stromerträge. Dies macht sich seit einem knappen Jahrzehnt das Hotel Promenade in Schaffhausen zunutze, sowohl mit einer solarthermischen Anlage als auch mit PV-Modulen, die einen Teil des benötigten Stroms liefern.
Komplett auf erneuerbare Energie setzt seit 2011 das Romantik-Hotel Muottas Muragl im Engadin. Zwei Solarwärmeanlagen versorgen zusammen mit 200 Erdsonden das Gebäude mit Wärmeenergie. Den Rest des Wärmebedarfs deckt die Abwärme der Bergbahn und der Kühlanlagen. Entlang der auf die Hotelterrasse führenden Bergbahnlinie sind Photovoltaikmodule installiert, die im Jahresverlauf mehr Strom erzeugen, als im Hotel im gleichen Zeitraum verbraucht wird. Der Heizölverbrauch sank von 40’000 Litern pro Jahr auf null.
Die Photovoltaik legt zu – aber nicht bei den Hotels
Heute deckt Photovoltaik bereits 3,5 Prozent des Schweizer Stromverbrauchs. Ein wichtiger Treiber dieser Entwicklung war, neben der staatlichen Förderung, dass der Preis für Photovoltaikmodule massiv gesunken ist. Eine Kilowattstunde Solarstrom zu erzeugen, kostet heute nur noch ein Fünftel dessen, was dies vor zehn Jahren kostete. Wer bis jetzt nicht mitmacht, sind die Schweizer Hotels. Dabei haben sie gegenüber den Privathaushalten einen entscheidenden Vorteil: Ein grosser Teil ihres Stromverbrauchs fällt tagsüber an – dann, wenn die Sonne scheint und die PV-Anlage Strom liefert. In den meisten Wohnhäusern hingegen ist der Verbrauch am Abend am grössten, wenn die Sonne langsam untergeht und die Leistung sinkt. Natürlich gibt es auch dafür Lösungen. Gerade nicht benötigter Strom kann ins öffentliche Netz eingespeist oder er in einer Batterie gespeichert werden.
«In den Gastbetrieben passt der Verbrauch zeitlich sehr viel besser zur Leistungsentfaltung der Solaranlage.»
In den Gastbetrieben aber, wo tagsüber gekocht, Geschirr gespült, Wäsche gewaschen und Staub gesaugt wird, passt der Verbrauch zeitlich sehr viel besser zur Leistungsentfaltung der Solaranlage als in Privathaushalten. Was Wohnhäuser und Hotels in Bezug auf Solarstrom gemeinsam haben ist, dass die Wirtschaftlichkeit einer Anlage steigt, je mehr Strom im Gebäude selber verbraucht werden kann.
«Solarwärmeanlagen sind bestens geeignet, um Wasser auf Badetemperatur zu erwärmen.»
Natürlich hat auch der Wärmebedarf nicht abgenommen – im Gegenteil: Swimmingpools und Wellnessangebote sind beliebt. Solarwärmeanlagen sind bestens geeignet, um Wasser auf Badetemperatur zu erwärmen. Zudem kann ein Schwimmbecken als Energiespeicher genutzt werden, dem Wärme entzogen wird, wenn es nicht benutzt wird (zum Beispiel
nachts). Mit der aufgehenden Sonne wird das Wasser nachgeheizt. Immer mehr Hotels lassen Wärmerückgewinnungssysteme installieren, die Abwärme aus der Küche und den Kühlanlagen nutzen. Auch deshalb stehen solarthermische Anlagen oft nicht im Vordergrund. Energiekosten sparen Eine Solaranlage ist mehr als ein Engagement für die Umwelt. Sowohl Solarwärme- wie Solarstromaggregate sind heute innert zehn bis fünfzehn Jahren amortisiert (einzelne PV-Anlagen sogar in weniger als zehn Jahren). Weil sie zudem kaum Wartung benötigen, liefern sie vom Tag der Amortisation an praktisch zum Nulltarif Energie. So lassen sich über die Lebensdauer einer Anlage von 25 Jahren zehntausende Franken
an Energiekosten (Netzstrom, Heizöl, Gas) sparen, bei grossen Häusern sogar Beträge im sechsstelligen Bereich.
In einer Diplomarbeit hat Raffael Mäder am Beispiel eines Hotels im Mittelland berechnet, wie wirtschaftlich eine PV-Anlage wäre. Das Haus mit 61 Einzelund Doppelzimmern hat sich als Businesshotel etabliert. Es ist an Werktagen ausgelastet, hat an den Wochenenden freie Kapazität, das Restaurant ist sonntags geschlossen. Obschon das untersuchte Hotel mit der tieferen Auslastung an den Wochenenden kein optimales Bedarfsprofil aufweist, ergaben die Berechnungen, dass sich mit einer PV-Anlage mit 130 Kilowatt aximalleistung jährlich 16 Prozent Energiekosten einsparen liessen – berechnet im Vergleich zum gegenwärtigen Zustand ohne Solaranlage. Im untersuchten Beispiel wären es rund 10’000 Franken jährlich. Die Investition in eine Solarstromanlage würde sich also rechnen.
Noch grösser ist das Sparpotenzial jener Hotels, die einen gleichmässigen Strombedarf über alle Wochentage haben. Je präziser die Leistung der PV-Anlage dem Strombezug im Tages- und Wochenverlauf entspricht, desto rentabler ist sie, denn Solarstrom ist günstiger als Netzstrom, besonders zum Hochtarif, der tagsüber zu bezahlen ist. Der Preis, den Elektrizitätswerke für ins Netz eingespeisten Solarstrom bezahlen, ist jedoch nicht kostendeckend. Wirtschaftlich interessant ist die Solarenergie, die man selber nutzt.
Kein Sinn für die lange Frist
Warum also setzen nicht längst viel mehr Schweizer Hotels auf Solarstrom? Ein Grund ist sicher, dass sich die meisten auf dem Gebiet der erneuerbaren Energien nicht auskennen. Sich in die Materie einzuarbeiten und Entscheidungen fällen zu müssen, dürfte einige abschrecken. Noch schwerer wiegt die nötige Investition. Die 130-Kilowatt-Anlage des Beispielhotels im Mittelland würde rund 130’000 Franken kosten. Bereits eingerechnet ist die Einmalvergütung, die der Bund für solche Anlagen zahlt. Gewisse Kantone und Gemeinden schütten für ökologische Gebäudesanierungen weitere Gelder aus oder gewähren Steuerreduktionen. Dennoch bleibt eine Solaranlage eine Investition, für die entweder liquides Vermögen zur Verfügung stehen oder ein Kredit aufgenommen werden muss.
«Wenn Hoteliers investieren, dann in etwas, das die Gäste sehen», erklärt André Paris von der Alteno AG. Als Partner des Branchenverbandes hotelleriesuisse
hat Alteno Hotels dabei unterstützt, ihre Küchenlüftungsanlagen energieeffizienter zu machen. Auch aus weiteren Projekten mit Hotels weiss Elektroingenieur Paris, was ihre betriebswirtschaftlichen Restriktionen sind. «Eine so langfristige Investition wie eine Photovoltaikanlage ist für die meisten Hotelbetriebe nicht attraktiv. Die meisten gehören einer Hotelgruppe an, sie haben Jahresbudgets und Fünfjahrespläne als zeitlichen Horizont. Inhabergeführte Hotels werden oft in gemieteten Liegenschaften betrieben. Wer einen
Mietvertrag über zehn Jahre hat, investiert nicht in eine Anlage, die erst in fünfzehn Jahren amortisiert ist.» Immerhin weiss Paris auch einen Ausweg: Energiespar-Contracting.
Dabei übernimmt der Contractingpartner sämtliche Arbeiten, die dem Hotel Energieersparnis bringen, und finanziert diese vor. Das darauf spezialisierte Unternehmen garantiert, dass die Massnahmen tatsächlich den Energieverbrauch und die damit verbundenen Kosten reduzieren. Ein Teil der gesparten Mittel geht an das Contractingunternehmen, welches
damit seinen Aufwand finanziert. Typischerweise erhält der Partner während der Vertragsdauer 80 bis 100 Prozent der Einsparung. Danach profitiert das Hotel alleine von den tiefer ausfallenden Strom-, Öloder Gasrechnungen. Bei reinen Betriebsoptimierungen dauert ein solcher Vertrag meist ein bis drei Jahre. Bei baulichen Massnahmen mit entsprechender
Investitionssumme können es bis zu fünfzehn Jahre sein.
«In der Schweiz gibt es über 4500 Hotels und nur ein Bruchteil von ihnennutzt Solarenergie.»
Bewährt hat sich dieses Modell beim Genfer Viersternehotel Starling mit rund 500 Zimmern. Die budgetierte Reduktion der Energiekosten von 127’000 Franken jährlich wurde sogar übertroffen. Die Investitionen beliefen sich auf 533’000 Franken, amortisiert waren sie in gerade mal vier Jahren. In der Schweiz gibt es über 4500 Hotels und nur ein Bruchteil von ihnen nutzt Solarenergie. Angesichts des Sparpotenzials wäre da ein Geschäftsfeld offen. Die Herausforderung besteht darin, den Hotels die Reduktion ihrer Energiekosten schmackhaft und finanzierbar zu machen.