Hotellerie Bettina Kälin 06.04.2020

Hospitality Services Direktor der SSTH Passugg

In Asien leitete er Luxushotels, in der Schweiz ist er Hospitality Services Direktor der EHL Hotelfachschule Passugg (SSTH).

Er kam sich vor wie ein Kapitän auf stürmischer See. Der Schweizer Simon Rindlisbacher übernahm 2015 kurzerhand das Steuer des Luxushotels Rembrandt in Bangkok, als Hotelikone Heinrich Stocker aus gesundheitlichen Gründen ausfiel. Ad interim führte Rindlisbacher das «Rembrandt » vier Monate lang. Krisensicher musste er in Thailand generell sein. «Es war eine strenge und arbeitsintensive Zeit mit unsicheren äusseren Faktoren wie Naturkatastrophen, politischen Unruhen, Bombendrohungen», zählt Rindlisbacher auf. Als Hotelteam habe man zusammengehalten und sei durch jede Krise stärker geworden. «Die Erfahrung hat noch heute grossen Einfluss auf die Art und Weise, wie ich Entscheidungen treffe.» Er habe gelernt, jede Herausforderung auch aus einer anderen Sichtweise anzugehen und immer auf Augenhöhe zu kommunizieren. «Ich führe immer on stage. Das ist wichtig, um in der Krise mehr Sicherheit reinzubringen.»

Es begann in der Gaststube

16 Jahre lang war der renommierte Hotelmanager in mehreren Luxushotels in Asien tätig, heute ist er Director Hospitality Services der EHL Swiss School of Tourism and Hospitality – kurz SSTH. Seinen Anfang nahm alles in einer Gaststube in Gossau (SG). Der heute 43-Jährige erinnert sich gerne zurück an seinen Einstieg in die Gastronomie. «Eigentlich wollte ich ja Lehrer werden. Wie mein Vater und mein Bruder. Doch in der Sekundarschule schnupperte ich aus reiner Neugier im Restaurant Sonne.» Da hatte es den jungen Gossauer gepackt – das Gastrofieber. Während andere Jugendliche am Wochenende in den Ausgang gingen, kellnerte Simon Rindlisbacher im Stadtgasthaus unter der strengen Obhut der Patrons Hermann und Liselotte Ellensohn. «Der Zustupf fürs Taschengeld war sicherlich verlockend», sagt Rindlisbacher. «Viel motivierender war jedoch, dass mir die Besitzerfamilie bald sehr viel Vertrauen und Verantwortung schenkte. Ich durfte am Tisch Wein dekantieren und Wildrücken anschneiden.» Das sei ein Erlebnis für die Gäste gewesen und ein Service, der leider heute kaum mehr geboten werde. Die Leidenschaft von damals bleibt Simon Rindlisbacher unvergessen: «Gastronomie ist ein wunderbares Gewerbe. Die Menschen investieren in gutes Essen und Trinken, Erlebnisse und Emotionen.»

«Gastronomie ist ein
wunderbares Gewerbe.»

Simon Rindlisbacher
Director Hospitality Services EHL SSTH Passugg

Weit weg bis nach Wil

Aus dem Hobby wurde Berufung. Doch von den Plänen, die Lehre als Kellner anstelle des Lehramts zu machen, zeigte sich Rindlisbachers Mutter damals wenig begeistert. Für die gebürtige Venezolanerin war der Kellnerberuf mit einem miserablen Image verbunden. Simon Rindlisbacher überzeugte sie vom Gegenteil und begann seine Lehre im Restaurant Schwanen im Wil (SG) – damals die regionale Topadresse für Fine Dining. «Ich wollte möglichst weit weg von zuhause und der Schwanen hatte einen ausgezeichneten Ruf.» Rückblickend lacht der Hotelmanager. Damals kamen ihm die knapp 20 Kilometer wie eine Weltreise vor. Die Besitzerfamilie Amstutz seien zwar strenge Lehrmeister gewesen, aber dafür habe er sich in der zweijährigen Lehre ein breites Wissen im klassischen Gueridon Service angeeignet. Gleichzeitig besuchte er die Berufsmaturitätsschule und nach einem Auslandaufenthalt in Australien besuchte das ehrgeizige Talent die Hotelfachschule in Zürich.

Next stop: Bangkok

«Mein Schulfreund Martin Erlacher – heute Technischer Delegierter von SwissSkills und diplomierter Berufsschullehrer – und ich pushten uns gegenseitig zu Bestnoten», erzählt Rindlisbacher. Der Drang nach Erfolg stand für ihn an erster Stelle. «Was ich mache, will ich gut machen. Mit diesem Motto bin ich aufgewachsen. » Um die Branche von Grund auf zu verstehen, absolvierte der angehende Topmanager ein Praktikum nach dem anderen – so schnupperte er unter anderem an der Rezeption und in der Küche. «Ich wollte die Zusammenhänge begreifen und wissen, wie die einzelnen Rädchen ineinandergreifen.» Das Endziel war früh klar: Hotelmanager werden, am besten im boomenden Tourismus Asiens. «Da tickt einfach der Puls der grossen Hotellerie.» Dafür bewarb sich Simon Rindlisbacher bei allen grossen Hotelketten Asiens. Dank Beziehungen aus Gossau konnte er im Hotel Rembrandt in Bangkok bei Hotelikone Heinrich Stocker als Trainee einsteigen. «Ich hatte keine Verpflichtungen und wurde von meinen Eltern sehr unterstützt. Deshalb dachte ich mir: Geh einfach einmal für ein Jahr und schau, wohin es dich treibt.» Im 400 Zimmer grossen «Rembrandt» durchlief Rindlisbacher – als weisses Blatt – alle Divisionen von der Rezeption, Hauswirtschaft, Technik, Security bis hin zu Food & Beverage. «Alle Bereiche sind sehr interessant, doch tatsächlich sind die Finanzen für die spätere Tätigkeit als General Manager enorm wichtig. Du bist verantwortlich für deine Mitarbeitenden und das Hotel, da solltest du gut mit Geld umgehen können.»

Respekt erarbeiten

Der junge Schweizer baute sich schnell ein Netzwerk in der lokalen Hotelszene auf. So wechselte er in seinem zweiten Jahr ins Hotel Amari als Room Devision Manager. 600 Zimmer hatte er nun unter seiner Verantwortung, doch den Respekt seiner Angestellten musste er sich erst verdienen. Rindlisbacher erklärt: «In Thailand geht es nicht nur um Titel, sondern um Vertrauen und Respekt. Diesen baut man auf, indem man anpackt und mithilft. Respekt muss man sich erarbeiten.» In den 16 Jahren habe er eine sehr schöne Zeit erlebt und sehr viel gelernt. «Mit vielen verschiedenen Kulturen zusammenzuarbeiten, hat mir geholfen, mich enorm weiterzuentwickeln.» Der Tourismus boomte, Rindlisbacher stieg die Karriereleiter hoch. «Es gab immer eine neue Herausforderung, die mir den Kick gab.» Mit 28 Jahren ist er bereits die Nummer 2 im Hotel Rembrandt. «Da wurde mir klar: Jetzt machst du wirklich Karriere.» Auch die Liebe hielt Einzug. Der Schweizer wurde in Thailand sesshaft, heiratete und wurde Vater zweier Kinder. Seine Familie lebte zeitweise mit ihm im Hotel. «Uns war immer wichtig, möglichst selbstständig zu leben und selbst zu kochen », berichtet der Familienvater. «Aber wir hätten uns auch von A bis Z bedienen lassen können.»

«In Thailand geht es nicht
nur um Titel, sondern um
Vertrauen und Respekt.»

Simon Rindlisbacher

Ein Hotel neu aufbauen

Wenn Simon Rindlisbacher ein Ziel vor Augen hat, erreicht er es auch. «Ich wollte zum Beispiel immer, dass Crews der Swiss Airlines in meinem Hotel übernachten. Es hat geklappt.» Als Mövenpick in Bangkok ein Hotel eröffnen wollte, war Simon Rindlisbacher Feuer und Flamme. «Ich wollte beim Aufbaumithelfen, kam aber zuerst als General Manager in ein kleineres Hotel, das Ramada Plaza.» Zum ersten Mal hatte er 100 Mitarbeitende und 97 Zimmer unter sich. Ein grosse Verantwortung, wie er sagt. «Ich musste lernen, Privates und Geschäftliches stark zu trennen.» Neben seiner Hauptaufgabe involvierte sich Rindlisbacher beim Aufbau des neuen 5-Sterne-Luxushotels. «Ich wollte schon immer bei Mövenpick arbeiten. Ein Hotel von Grund auf neu zu konzipieren, war sehr spannend.» Dabei begleitete er die Eröffnung und die Implementierung des Nachhaltigkeitsprogramms. Neben Mitarbeiter-Sensibilisierungen und Massnahmen im Ressourcenmanagement gehörten auch Partnerschaften mit lokalen Produzenten dazu. In einer globalen Grossstadt war das ein schwieriges Unterfangen. Auch kulturelle Traditionen spielten eine Rolle: «Corporate Social Responsibility bedeutet in Asien oft, dass ein Prominenter eingeladen wird und dann vom Besuch eine Medienmitteilung an die Zeitungen geht.» Im Herzen immer noch der Schweizer Naturbub, setzte sich Rindlisbacher für die Umsetzung der Nachhaltigkeitsziele ein.

«Ich musste lernen,
Privates und Geschäftliches
stark zu trennen.»

Simon Rindlisbacher

Zwei verlockende Angebote

Apropos Natur. «Allmählich wollten wir doch in die Schweiz. Meine Söhne wurden älter. In einer Grossstadt gibt es kaum Möglichkeiten, draussen zu spielen oder zu Fuss zur Schule zu gehen.» Doch dann klopfte Vietnam an. Die Accor-Gruppe wollte Simon Rindlisbacher als General Manager im Hotel Pullmann in Hanoi. Obwohl ihm der Landeswechsel mit Frau und Kindern nicht mehr so leicht fiel wie noch vor 15 Jahren als junger Berufseinsteiger, unterschrieb Rindlisbacher den Vertrag, noch ehe er einen Fuss nach Vietnam gesetzt hatte. Nach eineinhalb Jahren kam die nächste spannende Anfrage als Director Hospitality Services der SSTH in Passugg. «Ich wollte die Chance nutzen, mich in meiner Heimat weiterzuentwickeln. Doch der Zeitpunkt für den Wechsel war eigentlich sehr ungünstig. Mit der SSTH konnte ich mich irgendwo in der Mitte arrangieren.» Rindlisbacher packte erneut – diesmal für die Heimreise zurück in die Schweiz.

 

Stolz auf die Schweiz

Der Papierkram mit Steuern, Versicherungen und Altersvorsorge war anfangs überwältigend, doch mittlerweile hat sich Familie Rindlisbacher gut in Chur eingelebt. Der älteste Sohn spielt aktiv Eishockey wie einst sein Vater. So schön Asien gewesen sei, so sehr hätten ihn die 16 Jahre auch gelehrt, seine Heimat zu schätzen. Die hohe Lebensqualität in der Schweiz beeindruckt den 43-Jährigen am meisten: «Oft sind wir uns gar nicht bewusst, wie gut es uns eigentlich geht. Darum wandere ich mit der Familie viel, gehe bräteln, die ganz normalen schönen Sachen.» Die Marke Schweiz mit der Nähe zur Natur und dem Qualitätsbewusstsein vertrat Rindlisbacher schon in Asien aus voller Überzeugung. Den Studierenden der Hotelfachschule möchte er diese Haltung mit auf den Weg geben: «Wir dürfen die Werte der Schweiz stolz nach aussen tragen.»

 

Der Schüler ist Gast

Simon Rindlisbacher hat eine klare Vision: «Unsere Geschichte, die traditionelle Gastfreundschaft, ist mir sehr wichtig. Ich möchte sie weiterleben und weitergeben, so wie ich sie in meinen Lehrjahren erfahren durfte.» Als Direktor ist Simon Rindlisbacher verantwortlich für das Schulhotel inklusive Technik, Hauswirtschaft, die Rezeption und die Sicherheit sowie die Mitarbeitenden. Auch die Studierenden helfen im Service und in der Küche mit, doch in erster Linie seien sie Gast, betont Rindlisbacher. «Sie sollen spüren, was klassische Gastfreundschaft ist, damit sie diese Emotionen auch in ihrer Arbeit weiterschenken können.» Während in Asien ein direkter und schneller Führungsstil von oben gefragt war, plant Simon Rindlisbacher heute verstärkt im Voraus und im Team. Bei den Ausbauplänen der Schule, die ihre Studienplätze in den nächsten acht Jahren mit einem Bachelorstudiengang verdoppeln möchte, kommt Rindlisbachers Asien-Erfahrung voll und ganz zum Tragen. «Ob nun 600 oder 300 Betten macht für die Unternehmensführung keinen Unterschied. Die Schule ist einfach familiärer als ein Hotel. Das Miteinander ist wichtiger.» Es sei für ihn ein Glücksfall, dass er bei der Vergrösserung des Campus dabei sein und ein weiteres Kapitel der SSTH aufschlagen könne.

Schüler der SSTH lernen, was Nachhaltigkeit bedeutet

Schülerinnen und Schüler der EHL Hotelfachschule Passugg (SSTH) sollen von Beginn an lernen, was Nachhaltigkeit im Berufsalltag bedeutet.

Drei Studenten sitzen an einem Tisch in der Lobby des Schulhotels. Schwarzer Anzug, schicke Schuhe, Krawatte. «Das hat einen deutlichen Einfluss auf die Umwelt», sagt einer auf Englisch und deutet seinen Laptop-Bildschirm. Eine Ausgabe des «Schellen-Urslis» steht im Vitrinenkasten gleich neben modernen Schuluniformen. Tradition und Innovation, Bodenständigkeit und High- Class begegnen sich hier im antiken Schulgebäude aus dem Jahr 1883 an jeder Ecke. Die SSTH in Passugg bildet die Management-Elite der Hotellerie von morgen aus. Neben der Lehre als Hotel-Kommunikationsfachfrau/-mann EFZ, der Fachausbildung zur Hôtelière- Restauratrice/ôtelier-Restaurateur HF wird neu auch der Bachelor in International Hospitality Management angeboten.

Campus wird ausgebaut

In den kommenden acht Jahren soll sich mit dem Bachelor-Lehrgang die Anzahl der Studierenden auf dem Campus von derzeit über 300 auf neu 700 verdoppeln. Direktor Simon Rindlisbacher blickt aus dem Fenster auf die andere Talseite, wo bis zur Herbstsaison ein neues Bachelor Village mit 60 Betten entstehen soll. Die Lodges widmen sich dem Thema «Wasserwelten», eine Hommage an die Bündner Berge. «Es braucht noch etwas Fantasie, aber wir sind guter Dinge», resümiert der Direktor. Auch ein weiteres Restaurant und zusätzliche Schulzimmer werden bis dahin eingerichtet. Die Vergrösserung mache Sinn, erklärt Rindlisbacher. «Der Tourismus ist als Branche relativ sicher. Wir wachsen und wir verändern uns, deshalb müssen wir auch als Schule wirtschaftlich denken und intelligent weiterwachsen.» Langfristig sei dies ein wichtiger Schritt für den Standort Graubünden, denn die Schule habe auch eine Verantwortung gegenüber der Region, das Angebot zur Ausbildung von Fachkräften auszubauen. Man möchte zukünftige Talente in der Schweiz ausbilden
und halten, aber auch internationale Studenten ansprechen. So gross wie die Partnerschule in Lausanne wolle man hingegen nicht werden, betont Rindlis-bacher. «Wir bewahren unsere Einzigartigkeit und bleiben familiär.»

Mit der Natur verbunden

Schritt für Schritt durchlaufen die Studierenden alle Stationen der Hospitality-Branche vom Empfang über die Hotellerie bis hin zur Küche. Die Praxis spielt so auch in der schulischen Ausbildung eine Rolle. «Affective Hospitality – also die erlebnisorientierte und emotionale Gastfreundschaft – sollen die Lernenden selbst erfahren und so weitertragen. Alle sind immer on stage.» Das Erlebnis beginnt bei der edlen Atmosphäre und dem schicken Auftreten, aber auch bei der naturnahen Umgebung. Diese Nähe zur Natur, die Verantwortung gegenüber Pflanzen und Tieren und die Gastfreundschaft der Gegend soll gelebt werden. «Unsere Studenten zeigen eine hohe Sensibilität in Sachen Nachhaltigkeit. Was ihnen manchmal fehlt, ist die Verbundenheit mit der Natur, mit den einzelnen Gerichten, mit den Produktionspartnern », so Rindlisbacher. «Alle unsere Massnahmen sollen langfristig sein. Deshalb zeigen wir unseren Studenten auch, dass es um mehr geht und dass wir eine Verantwortung haben.»

Feld- und Hofbesuch

Seit 2015 ist die SSTH Partnerin von Bio Suisse und verwendet Produkte mit der Bioknospe. Täglich kommt ein Lieferant und bringt frische Zutaten aus Graubünden, dem Tessin und Uri, die im schuleigenen Restaurant Da Fortunat für saisonale Gerichte verwendet werden. Die Partnerschaft startete auf Initiative von Gion Fetz, Executive Chef und Head des Majors «Culinary Arts». Wie Rindlisbacher kam auch der Koch nach mehreren Jahren in Asien in die Schweiz zurück. «Nachhaltigkeit und der Fokus auf saisonale Produkte sind in Asien sehr angesagt, aber schwierig umzusetzen», erklärt Fetz. «Hier in Passugg kann ich den Gedanken voll ausleben und den Studierenden zeigen, wie wichtig frische und gute Zutaten aus der Region sind.» Ganz im Sinne der Affective Hospitality besucht Gion Fetz mit seinen Lernenden die Produzenten in der Region und zeigt ihnen, wie zum Beispiel Wagy-Rinder gezüchtet werden oder wo im Albulatal blaue Kartoffeln wachsen «Jedes Produkt erzählt eine Geschichte und löst Emotionen aus. Diese können wir auch unseren Gästen vermitteln.» Der Fokus auf lokale Produkte birgt jedoch auch Herausforderungen. Gion Fetz sagt: «Wir müssen die Menügestaltung flexibel anpassen. Ein Menü mit blauen Kartoffeln für 200 Personen wäre nicht machbar. Zu teuer und zu selten ist die Ressource.»

Machbarkeit prüfen

Direktor Simon Rindlisbacher sieht in der Partnerschaft nur Vorteile. «Natürlich ist der Preis lokaler Produkte höher, aber wird sind zum Glück in der komfortablen Lage, mit unseren Kosten freier umzugehen als ein Hotel mit straffem Budget.» Rindlisbacher ist überzeugt: Die höheren Kosten schlagen sich auch in der Qualität nieder. «Wir glauben an die Philosophie von Bio Suisse und möchten die regionalen Partner unterstützen.» Hie und da – etwa bei Südfrüchten wie Mangos – müsse man ein Auge zudrücken und Produkte aus dem Ausland verwenden. Dank der offenen Partnerschaft mit Bio Suisse ist das kein Problem. «Wir sind manchmal nicht so grün, wie wir es gerne hätten, denn wir haben einen Lehrauftrag und müssen unsere Studierenden über alle Produkte ausbilden.»

Die Balance zwischen erwünschter Nachhaltigkeit und Machbarkeit erfahren die Studierenden auch aufgrund ihrer Eigeninitiative. So forderten sie kürzlich, die Plastikröhrli im «Da Fortunat» durch die umweltschonenden Trinkhalme aus Stahl zu ersetzen. «Die Schüler mussten die Machbarkeit selbst prüfen und kamen zum Schluss, dass die Hygieneauflagen zu hoch sind. Der Mehraufwand frisst den Nutzen für die Umwelt gleich wieder auf», sagt Rindlisbacher. Ganz ohne Erfolg sei die Aktion dennoch nicht gewesen, denn neu bestehen die Röhrli aus recyceltem Plastik.

Ein Zeichen setzen

Die Philosophie und umweltfreundliche Haltung werden unterbewusst geprägt, davon ist Simon Rindlisbacher überzeugt. So werden nachhaltige Aspekte schon früh in der Ausbildung integriert und thematisiert. Er sieht die SSTH als Lebensschule. «Die meisten Studenten kommen direkt aus einem behüteten Elternhaus. Hier müssen sie zum ersten Mal selbst Verantwortung übernehmen – sei es beim eigenen Zimmer, ihrem Auftreten im Business-Look oder ihrem Engagement für Nachhaltigkeit.» Die Entwicklung der Studierenden sei enorm und werde vor allem auch in den Partnerbetrieben, in denen sie ihre berufliche Ausbildung abschliessen, sehr geschätzt. Macht sich diese Sensibilisierung für Umweltthemen auch im späteren Berufsleben bemerkbar? So genau lasse sich das noch nicht festmachen, aber sicherlich werde das Thema bei den Jugendlichen wie auch der breiten Bevölkerung immer wichtiger. «Ob alle nachhaltigen Massnahmen auch gut und sinnvoll sind, das will ich nicht beurteilen. Aber zumindest können die Schülerinnen und Schüler im Beruf ein gutes Zeichen setzen und zum Beispiel auf ein Winterdessert mit Erdbeeren verzichten.»

Kreativ werden

Konsum jeder Art werde heute kritisch betrachtet, gibt Rindlisbacher zu bedenken. «Wir können es uns nicht mehr leisten, nur mit Labels um der Label willen zu arbeiten. Gäste wollen wissen, woher die Produkte stammen – egal ob sie nun bei der Fast-Food-Kette oder im Fine Dining essen.» Jeder Betrieb sei in der Verantwortung, sich mit der Kostenfrage und mit der Wahl seiner Produkte auseinanderzusetzen. «Bauern und Produzenten werden immer kreativer und innovativer. Das macht es auch uns Konsumenten einfacher.» Der Direktor denkt hier an die Wagy- Rinder in Graubünden, die er selbst öfters besucht hat. «Mit eigenen Augen zu sehen, wie die Tiere leben, ist emotional und berührt persönlich. Die Geschichte öffnet neue Wege, um sich von anderen Gastro- und Hotelbetrieben abzuheben.»

Trends vorgeben

Für die SSTH mit einem weltweit hervorragenden Ruf ist die Partnerschaft mit Bio Suisse nur eines von vielen wegweisenden Projekten. «Wir möchten Leader sein und Trends vorgeben», so der Direktor. «Deshalb testen wir vieles aus und experimentieren.» So zum Beispiel im Restaurant Elysium, ein multisensorisches Gastroerlebnis, bei dem alle Sinne mit Musik, Düften und animierten Projektionen gekitzelt werden. Im Prototypen-Restaurant testen die Lernenden aus, wie sich Gäste begeistern lassen. Das nächste grosse Projekt kommt in diesem Jahr: ein Hedonic-Payment- Event im Alpina Hotel in Tschiertschen. Unter der Leitung von Managing Director Michael Hartmann erzählen 42 Studentinnen und Studenten der SSTH eine Woche lang eine Geschichte im Hotel mit Schauspielern und Events. Die Gäste entscheiden anschliessend selbst, wie viel sie bereit sind, dafür zu zahlen. «Hedonic Payment kommt», ist Simon Rindlisbacher überzeugt. Und wie bei der Partnerschaft mit Bio Suisse möchte die SSTH auch hier ganz vorne mit dabei sein.

Weitere Informationen erhalten Sie hier:

Fachhochschule in Passugg

Tourismus Graubünden

Bio Suisse

Bettina Bellmont

Autorin: Bettina Kälin