Direkt beim Bahnhof Olten, etwa eine halbe Zugstunde von Bern, Basel und Luzern entfernt, liegt das Hotel Olten – ein Haus mit einer langen Geschichte und einer vielversprechenden Zukunft. Während 20 Jahren war Esther Mattenberger Gastgeberin und baute den Betrieb zu einem beliebten Tageskongress- und 3***-Superior-Seminarhotel im Mittelland auf. Ihr Mann Paul, der in der Gastronomie beratend tätig ist, fungierte als Verwaltungsratspräsident und wertvoller Sparringpartner im Hintergrund.
Nachfolge frühzeitig geplant
«Bereits 2010 habe ich meinem Mann Paul mitgeteilt, dass ich mich ab 2015 aus der Verantwortung als Direktorin zurückziehen werde», erzählt Esther Mattenberger. Bis dahin musste eine interne oder externe Nachfolgelösung gefunden werden. Dass Sohn Dominique den Betrieb übernehmen würde, war zu diesem Zeitpunkt ausgeschlossen. Er sammelte nach seiner Ausbildung zum Koch Erfahrungen im In- und Ausland und wollte sich weiterbilden. Esther Mattenberger strebte daraufhin eine betriebsinterne Lösung an. Diese konnte jedoch nicht realisiert werden.
In den Jahren 2012 bis 2015 lernten Esther und Paul Mattenberger Darko Bosnjak kennen und schätzen. Er arbeitete während seiner Berufs- und Studienzeit in verschiedenen administrativen Funktionen im Hotel Olten. Etwa zur gleichen Zeit stieg Dominique Mattenberger in den elterlichen Betrieb ein. Bald darauf zeichnete sich doch noch eine familieninterne Lösung für die Übergabe des Hotels ab.
Erfolgreicher Betrieb mit Potenzial
«Darko und Dominique deuteten in verschiedenen Gesprächen an, dass sie sich vorstellen könnten, das Hotel respektive die dazugehörige Aktiengesellschaft EPM Consulting und Management AG, nach unserem Rückzug weiterzuführen», sagt Esther Mattenberger. Der Entscheid von Dominique Mattenberger und Darko Bosnjak, das Hotel als Geschäftspartner zu übernehmen, kam nicht von ungefähr: Die beiden sind schon länger befreundet. Sie hatten sich Jahre zuvor im Gstaad Palace im Berner Oberland kennengelernt, als sie in einer Silvesternacht auf dem gleichen Posten arbeiteten. «Wir waren beide schon damals von verschiedenen Gastronomiekonzepten getrieben und fasziniert», erinnert sich Darko Bosnjak.
«Wir waren beide von
verschiedenen Gastronomiekonzepten
fasziniert.»
Und: Die Eltern von Dominique Mattenberger übergaben ihnen einen wirtschaftlich erfolgreichen Betrieb mit der Möglichkeit, weiter zu wachsen und andere Projekte zu verfolgen und umzusetzen. «Diese Anreize waren Grund genug, über eine Zusammenarbeit nachzudenken », so Bosnjak. Für Dominique Mattenberger war es angesichts seines Werdegangs und seiner beruflichen Ambitionen ein logischer Schritt.
Externe Experten unabdingbar
Für Esther Mattenberger war klar, dass die Nachfolgeregelung extern begleitet werden musste. Sie entschied sich für das Beratungsunternehmen BDO in Olten, das ihr Mann bereits von einer früheren Zusammenarbeit kannte. Den grössten Vorteil der Zusammenarbeit mit den externen Experten sah Esther Mattenberger darin, dass diese die Verhandlungen zwischen Käufer und Verkäufer führten.
«Dominique und Darko
haben den Betrieb bereits
geprägt und weitergebracht.»
Im Vorfeld sprachen sie mit allen Beteiligten und erstellten eine Bedarfsanalyse. «Diese vertraulich geführten Gespräche bildeten die Grundlage für einen reibungslosen Übergangsprozess», betont Esther Mattenberger. Das Beratungsunternehmen half auch, steuerrechtliche Fragen zu klären und das gesamte Vertragspaket zu erstellen, inklusive Aktionärsbindungen und Kaufverträgen.
Stolpersteine erfolgreich gemeistert
Gemeinsam mit den Experten wurden verschiedene Szenarien durchgespielt. «Nach der Festlegung der Rahmenbedingungen diskutierten wir den Zeitplan, Finanzierungsfragen sowie Risiken und Herausforderungen bei der Übergabe», erklärt Esther Mattenberger. Ein spezifischer Stolperstein war die Betriebsübergabe während der Coronapandemie. Diese gestaltete sich schwieriger als erwartet. So war der Verkaufspreis ein wiederkehrendes Thema in den Diskussionen. «Unsicherheiten wie die Erholung des Seminar- und Kongressgeschäftes und die möglichen Auswirkungen der Digitalisierung auf dieses Segment beeinflussten den Preis und die erwartete Amortisationsdauer», sagt Esther Mattenberger.
«Für mich war der grösste
Vorteil, dass jemand Externes
die Verhandlungen führte.»
Deshalb ist es wichtig, dass bei einer Betriebsübergabe oder -übernahme immer die Lösungsfindung im Vordergrund steht. «Dazu braucht es den ehrlichen Willen aller Beteiligten. Wir sehen uns hier auch als Sparringpartner, der wichtige Themen direkt anspricht», sagt Julian Theus, Partner und Leiter der BDO-Niederlassung Olten. Dies wurde von den Beteiligten sehr geschätzt. Dominique Mattenberger bilanziert: «Das Know-how und die Beratung von BDO war entscheidend für den erfolgreichen und reibungslosen Übergang.» Die professionelle Unterstützung gab den Beteiligten nicht nur Sicherheit, sondern trug wesentlich dazu bei, die Kontinuität und Stabilität des Hotelbetriebs in dieser wichtigen Phase zu gewährleisten.
Sorgfältige Vorbereitung zahlt sich aus
Die Hotelübergabe verlief insgsamt sehr ruhig und harmonisch, sicher auch aufgrund der sorgfältigen Vorbereitung über einen Zeitraum von vier Jahren. «In dieser Zeit konnten meine Eltern beobachten, wie wir das Unternehmen und die Projekte führen», erklärt Dominique Mattenberger.
Dies half Esther und Paul Mattenberger umgekehrt auch, den Betrieb gut loslassen zu können: «Ich konnte mit Genugtuung feststellen, dass Dominique und Darko mit viel Engagement, Weitsicht und dem nötigen Fingerspitzengefühl den Betrieb mit ihrem eigenen Stil nicht nur geprägt, sondern auch weitergebracht haben. So haben sie auch die Coronakrise zusammen mit langjährigen Mitarbeitenden wirtschaftlich bestens gemeistert», sagt Paul Mattenberger sichtlich stolz.
Mitarbeitende im Zentrum
Die offizielle Betriebsübergabe des Hotels Olten erfolgte am 1. Oktober 2021. Ein Aspekt, den Dominique Mattenberger schon immer an seinen Eltern bewundert hat, ist deren Fokus auf das Personal. «Meine Eltern legten viel Wert darauf, ihre Mitarbeitenden zu fördern und zu motivieren. Diese Philosophie hat auch meinen eigenen Führungsansatz geprägt.» So ist er überzeugt, dass Mitarbeitende nur dann effizient und produktiv arbeiten können, wenn sie die richtigen Rahmenbedingungen vorfinden.
«Dazu gehört nicht nur die Bereitstellung von Ressourcen und Unterstützung, sondern auch ein Arbeitsumfeld, das Kreativität, Engagement und Wachstum fördert», betont Dominique Mattenberger. Seine Mitarbeitenden sollen eigene Ideen und Erfahrungen aktiv in den Betrieb einbringen. «Das fördert kreative Lösungen», ist Dominique Mattenberger überzeugt.
«Meine Eltern konnten vorgängig beobachten, wie wir das Unternehmen führen.»
«Das fördert kreative Lösungen», ist Dominique Mattenberger überzeugt. Und: Der Austausch und das kontinuierliche Lernen von anderen sind für ihn wesentliche Faktoren für persönliches Wachstum und Erfolg. Im Gegensatz zu seiner Mutter ist er weniger perfektionistisch und neigt dazu, seinen Mitarbeitenden mehr Freiraum zu lassen. «Die Balance zwischen Bewährtem und Neuem ist ein Schlüsselaspekt meiner Führungsphilosophie im Hotel Olten.»
Vorwärts in die Zukunft
Für Darko Bosnjak und Dominique Mattenberger war von Anfang an klar, dass sie das Hotel als Duo führen würden – mit klarer Rollenverteilung. Dominique Mattenberger ist für die Bereiche Human Resources sowie Food und Beverage zuständig. Darko Bosnjak für das Frontoffice, die Arbeitseinteilung und -planung der Mitarbeitenden, die Seminarorganisation und die IT. «Das schafft auch Transparenz für die Mitarbeitenden», sagt Dominique Mattenberger.
«Die Balance zwischen
Bewährtem und Neuem ist
ein Schlüsselaspekt meiner
Führungsphilosophie.»
Die Doppeldirektion ermöglicht es den beiden zudem, mehr Zeit und Ressourcen in die Expansion und Weiterentwicklung zu investieren. «So sind innovative Projekte wie die Gelateria Olten und das Restaurant Stadtbad entstanden, welche die Diversifikation und Stärkung unseres Unternehmens vorangetrieben haben.» Darko Bosnjak ist dabei der kreative Kopf, Dominique Mattenberger der pragmatische Planer und Organisator – eine äusserst erfolgreiche Kombination.
Akzente setzen
Die klare Positionierung als Tagesseminarhotel wurde von den beiden Direktoren übernommen und weiter ausgebaut. Neue Akzente setzen sie im Bereich Interior und Design sowie bei einigen Dienstleistungen.So wird sich das Haus im Sommer als Bike-Hotel mit entsprechender Infrastruktur positionieren.
«Das Hotel Olten steht auf
soliden Beinen und ist auf dem
Vor-Pandemie-Niveau 2019.»
Zudem befindet sich ihr erfolgreiches Glace-Start-up «Kalte Lust» (siehe separater Artikel) in den gleichen Räumlichkeiten wie das Hotel Olten. Hier können verschiedene Synergien genutzt werden. Das Hotel wurde in den Jahren 2012 bis 2015 in allen Bereichen renoviert und erneuert. Dabei wurden Nachhaltigkeitsaspekte wie Energieeffizienz und umweltfreundliche Materialien berücksichtigt. «Wir wollen auch den Lebensmittelverbrauch durch Digitalisierung besser nachvollziehen und optimieren», sagt Dominique Mattenberger. «Das Hotel Olten steht auf soliden Beinen, wir sind wieder auf dem Vor- Pandemie-Niveau 2019. Das ist sehr erfreulich», so Darko Bosnjak.
Zweieinhalb Jahre nach der Übernahme des Hotels Olten fällt die Bilanz aller Beteiligten durchwegs positiv aus.
«Vertrauen in die Fähigkeiten
der nächsten Generation.»
Christian Zumstein ergänzt aus Sicht von BDO: «Neben einer objektiven Unternehmensbewertung, persönlichen Gesprächen, einer fundierten Risikobeurteilung und Preisfindung braucht es vor allem eines: Vertrauen in die Fähigkeiten der nächsten Generation.»
LECK MICH!
Ein Glace-Start-up gibt Gas
Florian Stähli
Geschäftsführer Kalte Lust
Nachhaltig, frisch und frech: Das Glace-Start-up «Kalte Lust» aus Olten mischt seit seiner Gründung vor sieben Jahren den Schweizer Glacemarkt auf. Die Glace-Idee entstand eigentlich aus der Not heraus: Die neuen Besitzer des Hotels Olten suchten nach einer Möglichkeit, ihre Mitarbeitenden auch während der Sommersaison zu beschäftigen, wenn im Hotel weniger los ist.
«Wir wollen die Welt
leckerer machen.»
Zunächst eröffneten sie in Olten eine Gelateria. Die Glaces kauften sie extern ein. Irgendwann sagten sich Florian Stähli, Dominique Mattenberger und Darko Bosnjak: «Glace können wir auch selber machen – und zwar besser als die Industrie.» So fing alles an.
Glace neu erfinden
Die drei Jungunternehmer hatten vor allem eines: Lust, etwas Eigenes auf die Beine zu stellen. «Uns reizte es, die Glace neu zu erfinden – ein Produkt, das sonst wenig nachhaltig ist», sagt Florian Stähli. «Und wir wollten natürlich auch den Grossen der Branche ein paar Kunden abjagen.» Heute sind rund 90 Prozent des Schweizer Glacemarktes in der Hand von drei bis vier grossen Produzenten.
Neben dem frechen und auffälligen Auftritt unter dem Namen «Kalte Lust», fällt auch die Qualität der Glaces auf. Die drei Gründer sind gelernte Köche, haben lange in der Spitzengastronomie gearbeitet und erkennen gute Lebensmittel sofort – und auch, was man daraus machen kann. «Mit unserem ausgeprägten Qualitätsbewusstsein wollten wir die beste Glace der Schweiz produzieren», sagt Dominique Mattenberger. Dieser Ehrgeiz spiegelt auch seinen persönlichen Anspruch wider, in allem, was er tut, Exzellenz zu erreichen und gleichzeitig innovative Ansätze in traditionelle Branchen zu bringen. Mit Erfolg: Das Startup wurde bereits mehrfach ausgezeichnet.
Kreative Kreationen, regionale Zutaten
Auch bei den Glacekreationen gehen die Gründer neue Wege. Sie entstehen oft in Zusammenarbeit mit Spitzenköchen. So gab es bereits Kooperationen mit Heiko Nieder vom «The Dolder Grand» und Dominik Hartmann, dem Shootingstar der Gastroszene. Auch Inputs von Mitarbeitenden und Kunden fliessen in die Glaceproduktion ein.
«Das Wichtigste sind ein gutes Produkt und ein hoher Wiedererkennungswert», fasst Geschäftsführer Florian Stähli das Konzept zusammen. Das Start-up hat es sich zur Aufgabe gemacht, seine Produkte so nachhaltig wie möglich zu produzieren und damit eine Alternative zu industriell hergestellten Glaces anzubieten. «Bei der Herstellung setzen wir auf Handarbeit und verwenden vorwiegend regionale Rohstoffe», erklärt Dominique Mattenberger. So kommen die Früchte, wenn immer möglich und bevorzugt in Bio- Qualität, von Bauernhöfen aus der Region. Ebenso wie die besonders gehaltvolle Milch, die von Jersey- Kühen in Demeter- Qualität kommt. Das Tierwohl wird mit freiwillig erhöhten Milchpreisen unterstützt. Auch Zutaten wie Vanille und Schokolade bezieht das Startup in Fairtrade- und Bio-Qualität. «Wir wollen die Welt mit unseren Glaces ein bisschen leckerer machen», sagt Stähli.
Herausforderungen clever meistern
Die «Kalte Lust» hat bis heute keine externen Investoren. Finanzielle Unterstützung erhielten die drei Gründer vom Hotel Olten. Neben viel Zeit haben alle drei auch privates Geld in das Unternehmen gesteckt. Mit Erfolg. Das Unternehmen wächst kontinuierlich. Das bringt auch Herausforderungen mit sich. «Wir werden jedes Jahr ein bisschen grösser und kaum haben wir neue Mitarbeitende rekrutiert, sind es schon wieder zu wenig», sagt Florian Stähli.
Ein weiterer Risikofaktor ist die Saisonalität des Glacegeschäfts. Von Januar bis Oktober wird an fünf Tagen pro Woche Glace produziert. Das sind rund 200'000 Liter pro Jahr. Die Hauptsaison ist der Sommer. So bleiben dem Start-up nur sechs Monate, um den Jahresumsatz zu erwirtschaften. Und das Personal will das ganze Jahr über beschäftigt sein. «Daraus entstand die ‹Heisse Lust›, unser Winterkonzept», sagt Stähli. Am Ende der Glacesaison tauschen die Mitarbeitenden den Glacelöffel gegen den Suppenlöffel und produzieren verschiedene Suppen.
Vision einer Farm 4.0
Seit dem Start der «Kalten Lust» verfolgen die Gründer die Vision einer Farm 4.0. Ihr Traum ist eine moderne Produktionsstätte, in welcher der Mensch Hand in Hand mit Tier und Natur lebt und arbeitet. Ausserdem soll Menschen einen Platz zum Leben und Arbeiten im 2. Arbeitsmarkt angeboten werden. «Wir wollen der Welt zeigen, dass es möglich ist, Lebensmittel nachhaltig sowie fair zu produzieren und gleichzeitig ein gewinnbringendes Produkt herzustellen», betont Mattenberger. Derzeit läuft die Suche nach einem geeigneten Grundstück.
Tipps für Jungunternehmer
Die Gründung von Start-ups ist in der Schweiz beliebt. Im ersten Halbjahr 2023 wurden 1728 neue Unternehmen im Gastgewerbe gegründet. Das sind 2,5 Prozent mehr als im ersten Halbjahr 2022.
Was braucht es für einen erfolgreichen Start? Da sind sich die Gründer der «Kalten Lust» schnell einig: An erster Stelle steht das Durchhaltevermögen. «Wenn ich daran denke, wie oft ich an den Wochenenden mit ein paar Glace-Chübeli im Gepäck zu Tankstellen gepilgert bin und versucht habe, neue Kunden zu gewinnen …», erinnert sich Florian Stähli. An zweiter Stelle steht das richtige Netzwerk. «Man kann nicht in allem gut sein und alles alleine machen. Umso wichtiger ist es, die richtigen Leute mit dem nötigen Know-how ins Boot zu holen», betont Dominique Mattenberger. Und zu guter Letzt: «Du musst zu 100 Prozent davon überzeugt sein, dass deine Idee funktioniert. Dann mach es und arbeite hart!» Florian Stähli weiss, wovon er spricht. Nicht umsonst zählt die «Kalte Lust» heute zu den innovativsten Glaceanbietern der Branche.