Ben & Jerry’s
Gastronomie Bettina Bellmont 20.08.2018

Mit Glace die Welt verbessern

Happy Birthday, Ben & Jerry’s. Die amerikanische Glacemarke feiert ihren
40. Geburtstag unter anderem mit der Sorte «Birthday Cake».
PR Manager Sean Greenwood erzählt, wie neue Geschmackssorten entstehen und warum Schweizer den Cake besonders mögen werden.

Zwei Jungs der Ben & Jerry’s-Bustour stehen hinter dem Tresen und scherzen mit den glacehungrigen Damen. Nicht nur die exklusive Schweizer Sorte «Birthday Cake», sondern auch die neuen veganen Sorten, die am exklusiven Geburtstagsfest im Mai in Zürich vorgestellt werden, sind gefragt. Seit sieben Jahren ist Blixt mit dem Eistruck in Deutschland, Österreich und der Schweiz unterwegs. «Es geht eben um Emotionen, nicht nur um Eis.» Was der junge Bärtige mit Sonnenbrille und dem einnehmenden Lächeln damit meint, deutet sein T-Shirt in Regenbogenfarben an. «yes, I Dough! #ehefüralle» steht drauf.

Seit 30 Jahre dabei

«Wir wollen mit Icecream die Welt ein klein wenig besser machen », erklärt auch Sean Greenwood. Der Amerikaner sitzt draussen auf dem Pier über der Limmat und schaut dem Treiben zu. Vor rund 30 Jahren startete er seine Karriere bei Ben & Jerry’s ebenfalls als fahrender Verkäufer in einem Eistruck. Heute ist er Public Relations Manager und neben den Firmengründern Ben Cohen und Jerry Greenfield – eben Ben und Jerry – der Mitarbeiter mit den meisten Dienstjahren. Wie passt das Weltverbessern überhaupt zu einem Weltunternehmen? «Das ist kein Widerspruch», betont Greenwood und holt aus: «Mit Ben & Jerry’s habe ich es gesehen, ich habe es erlebt und gelebt. Seit 30 Jahren.»

Kleine Gesten, grosse Wirkung

Stundenlang könnte Sean Greenwood Anekdoten erzählen. Ein Erlebnis aus seiner Zeit als Tourguide in der Ben & Jerry’s Factory in Vermont habe ihn aber am meisten geprägt: Er gab seine tägliche

«In diesem Moment wusste ich: Mit dieser Firma können wir tatsächlich das Leben von Einzelnen zum Guten beeinflussen.»

Sean Greenwood
Public Relations Manager

Mitarbeiterration (drei Glacebecher) einem älteren Ehepaar mit, und daraus entstand eine jahrelange Freundschaft. Eines Tages kam die Tochter ebenfalls in die Fabrik, um sich zu bedanken. Die Produktesamples zum Selbermixen von Glacesorten, die Greenwood ihrem Vater zuschickte, hatten dessen letzten Tage als Krebspatient wortwörtlich versüsst. «In diesem Moment wusste ich: Mit dieser Firma können wir tatsächlich das Leben von Einzelnen zum Guten beeinflussen.»

Engagement für jeden

Zur Philosophie von Ben & Jerry’s gehören neben nachhaltiger Landwirtschaft, energieeffizienter Produktion und dem ganzheitlichen Fokus auf Fairtrade auch Engagements für den Klimaschutz, die Rechte Homosexueller oder soziale Projekte. Beispielsweise ist jeder als Mitarbeiter der Greyston Bakery in New York willkommen. Hier werden die Brownies der weltweit berühmten «Chocolate Fudge Brownie»-Sorte herstellt. «Selbst wenn du gerade aus dem Gefängnis kommst, in Greystone bekommt jeder eine zweite Chance», sagt Sean Greenwood.

Sorten der Welt

Weltweit gibt es so viele Ben & Jerry’s-Sorten, dass sogar schon rund 300 auf dem Friedhof für nicht mehr produzierte Glacen ihr Plätzchen gefunden haben. Woher kommt die Inspiration, immer wieder neue Sorten mit ausgefallenen Namen zu kreieren? Manchmal seien es Projekte oder besonders nachhaltige Produkte, die zu neuen Sorten anregen, erklärt Greenwood. Oft aber einfach Foodtrends wie gerade die vegane Welle in Amerika. «Wir beobachten genau, wie sich Trends entwickeln und lassen uns bewusst Zeit bei Markteinführungen». «So haben wir die Chance, am Ende wirklich gute Produkte zu präsentieren.» Waren es am Anfang noch vier Sorten veganer Glacen, sind es in den USA jetzt bereits zehn.

Gurus kennen sich aus

Geschmäcker sind nicht immer gleich. Neben den Klassikern – «die müssen einfach in jedem Land vertreten sein» – gibt es regionale Unterschiede und eigene Sorten. Sean Greenwood gibt zwei Beispiele: «Fruchtiges ist in Brasilien sehr beliebt, in der Schweiz dagegen steht ihr echt extrem auf Cookie-Sorten.» Deshalb sei auch der «Birthday Cake» entstanden – eine Eiscreme mit pinkem Frosting, Erdbeerswirl und Kuchenstückchen. Die Idee dazu kam vom lokalen Flavour-Guru. «Unsere Gurus kennen die Geschmäcker vor Ort und schlagen uns neue Sorten vor.» Auch Fanwünsche werden berücksichtigt.

Kopien sind ein Kompliment

Natürlich gebe es auch vereinzelt Fälle von Kopien, bestätigt Greenwood. Als Vorreiter in der Branche könne man das kaum vermeiden. Auch wenn Ben & Jerry’s beispielsweise die Glace mit Kuchenteig erfunden habe, könne man heute niemandem verbieten, eine solche Kombination herauszubringen. «Wir nehmen das aber eher als Kompliment – und trumpfen mit besseren und hochwertigeren Zutaten.»

Was die Zukunft bringt?

Ginge es nach Sean Greenwood, würde er die Sorte «The Tonight Dough», die mit dem Late-Night-Host Jimmy Fallon entstanden ist, auch in der Schweiz einführen. «Sie ist die viertbeliebteste Sorte in Amerika – und hier würde sie sich bestimmt auch gut verkaufen», ist er überzeugt.

«So sind wir eigentlich gross geworden. Ben und Jerry brachten Eis rüber zu den Restaurants und diese fanden Gefallen an den Sorten.»

Sean Greenwood

Ben & Jerry’s Glace im Schweizer Gastgewerbe kann er sich auch gut vorstellen. «So sind wir eigentlich gross geworden. Ben und Jerry brachten Eis rüber zu den Restaurants und diese fanden Gefallen an den Sorten.» Sein Handwerk hat Sean Greenwood übrigens nicht verlernt: Nach dem Interview nimmt er gleich selber den Scooper in die Hand.

VON:
Bettina Bellmont