Küchengeräte vernetzen, zentral überwachen, Abläufe optimieren: Die Digitalisierung machts möglich.
Gastronomie Tobias Fischer 18.10.2018

Küchengeräte sollen die gleiche Sprache sprechen

Der Kombidämpfer kann mit dem Schockfroster sprechen, ihm sogar
Befehle erteilen! Aber nur, wenn die Software passt. Der Digitalisierungs-Experte des Gastronomieausrüsters Gehrig Group AG über die Chancen und
Herausforderungen der Vernetzung.

Tobias Wijnen, wie sieht die Gastroküche der Zukunft aus?
In der digitalen Küche und Gastronomie der Zukunft gibt es nach unserer Vorstellung viele intelligente Helfer, welche die Köche und die Leiter von Gastronomiebetrieben unterstützen. Möglich sind diese Services durch digitale Datenströme, die vernetzt, clever aggregiert und ausgewertet zur Verfügung stehen. Zum Beispiel Küchengeräte, die übers Internet Daten liefern. Via Cloud können diese Daten – etwa über laufende Prozesse, den Gerätezustand oder zur Bedienung – in Echtzeit oder über einen längeren Zeitraum hinweg Informationen liefern. Präsentiert oder angesteuert werden die Services in einer geräteübergreifenden Softwareplattform, die über Smartphones oder PCs genutzt werden kann, zentral oder vor Ort. Digitale Services werden auch die Überwachung der Reinhaltemassnahmen erleichtern, unter anderem mittels Temperatur- und Hygieneinformationen. Wir haben eine Plattformvision entwickelt, die Prozesse vor, in und nach der Küche umfasst – also den gesamten Prozess vom Landwirt bis zum Teller des Gastes. Damit wird auch die betriebswirtschaftliche Führung von Betrieben unterstützt.

«In der digitalen Küche der Zukunft 
gibt es viele intelligente Helfer.»

Küchengeräte mit WLAN gibt es bereits. Was ist heute möglich?
Die aktuellen Geräte mit WLAN sind noch nicht vorbereitet, um in einem grossen Verbund zusammenarbeiten zu können. Die meisten Hersteller konzentrieren sich darauf, ihre eigenen Geräte untereinander kommunizieren zu lassen und benutzen dafür ihre eigenen Standards. Es gibt jedoch auch Gegenbeispiele – zum Beispiel einen Kombidämpfer, der dem Schockfroster von Drittmarken einen Ansteuerbefehl gibt, wenn ein bestimmter Programmschritt erreicht ist. So können Prozesse automatisiert und die Arbeit erleichtert werden. Ich bin überzeugt, dass die Kunden und Planer immer mehr darauf achten werden, dass die Küchengeräte kompatibel sind und sich unabhängig von der Marke in die Applikation einbinden lassen.

«Die Kunden werden immer mehr 
darauf achten, dass die Küchengeräte 
kompatibel sind.»

Wo steht die Gehrig Group, die ja Geräte verschiedener Hersteller anbietet, in dieser ganzen Entwicklung?
Für jede Marke eine eigene App – das wäre keine Erleichterung. Wir hatten deshalb sehr früh die Vision einer marken- und betriebsübergreifenden Plattform. Damit stiessen wir bei unseren Herstellern auf sehr grosses Interesse. In der Zwischenzeit hat unsere Applikation grosse Fortschritte gemacht und wir bieten sie auch für Marken, die Gehrig Group nicht im Portfolio führt, zur Inte­gration an. Unsere Vision ist, dass wir die Daten der Geräte mit den betriebswirtschaftlichen Daten eines Gastronomiekunden verbinden. So kann die Applikation unter anderem helfen, Kosten zu senken, Personalressourcen am richtigen Ort einzusetzen und die Kommunikation zu vereinfachen.

Welche Reaktionen oder Unsicherheiten gibt es auf der Seite der Gastronomen in Sachen Digitalisierung in der Küche?
Im Gespräch mit Kunden haben wir anfänglich oft eine kritische Haltung gegenüber der Digitalisierung gespürt. Allerdings ändert sich das jeweils, wenn wir den umfassenden Ansatz unserer Lösung und die Vorteile für den einzelnen Gastronomiebetrieb aufzeigen können. Dann sieht die überwiegende Mehrheit unserer Gesprächspartner den Mehrnutzen. So zählte ein Gastronomieunternehmer mit zwei Standorten konkrete Fälle auf, wie er mit unserer Plattform per Fingertipp und ohne vor Ort zu sein Informationen abrufen und prüfen, entscheiden, organisieren und kommunizieren könnte.

«Die Digitalisierung bietet Arbeitshilfen
 zur Optimierung. Dazu könnten auch 
Roboter gehören.»

Wo sehen Sie weitere Vorteile der Digitalisierung in der Küche?
Ein grosser Vorteil ist, dass man eine bessere Übersicht hat, etwa über den aktuellen Zustand und den Einsatz der Geräte. Das hilft, den Unterhalt und so die Betriebssicherheit sicherzustellen sowie die Betriebskosten zu optimieren. Die Digitalisierung bietet generell Arbeitshilfen zur Optimierung. Dazu könnten in Zukunft auch Roboter gehören, seien es Gästeservice-Roboter oder einfache, fix installierte Rüstroboter-Arme. Das ist keine Utopie! In China gibt es einen grösseren Betrieb mit 800 Essen pro Tag, der seinen drei Köchen drei Küchenroboter zur Seite gestellt hat – mit Erfolg, wie er selbst sagt.

Wie wird denn die Umstellung auf die digitale Küche ablaufen: Schritt für Schritt, wenn ein Gerät ohnehin ersetzt werden muss? Oder braucht es die komplette Umstellung auf einen Schlag?
Es gibt Argumente für beide Wege. Das hängt ganz von der Situa­tion und vom Betrieb ab. Den vollen Nutzen entfaltet die Digitalität, wenn sie durchgängig installiert wird. Wir setzten uns deshalb dafür ein, dass auch bestehende Geräte netzwerktauglich gemacht werden können und sind hier mit unseren Marken auf gutem Wege. Aber auch eine Schritt-für-Schritt-Einführung ist empfehlenswert. Konkret gehen wir diesen Weg heute zusammen mit Kunden in Pilotprojekten und sprechen dabei von agilen Lösungen. 

Tobias Wijnen – Gehrig Group AG
Als Projektleiter und Entwickler Digitalisierung bei der Gehrig Group AG erlebt und prägt Tobias Wijnen die Ver­netzung der Geräte und Dienste in den Bereichen Gastro­nomie und Pflege (Heime, Spitäler) an vorderster Front mit. Die Gehrig Group unterstützt Unternehmen bei der Planung, bei der Auswahl und beim Unterhalt von Geräten und bietet Reinigungskonzepte an. Das 1946 als F. Gehrig AG gegründete Unternehmen hat seinen Hauptsitz in Glattbrugg (ZH) und Niederlassungen in Renens (VD) und ­Gravesano (TI).

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Gehrig Group AG

Tobias Fischer

Autor: Tobias Fischer