Schätzungsweise 110'000 gewerbliche Heissgetränkeautomaten sind in der Schweiz in Betrieb. Alle Geräte zusammen verbrauchen jährlich rund 240 Gigawattstunden Energie. Zum Vergleich: Eine Gigawattstunde entspricht in etwa der Energiemenge, die ein grosses Kernkraftwerk, wie Leibstadt, in einer Stunde produziert. Was dabei oft unterschätzt wird: Die Getränkezubereitung selbst macht weniger als ein Fünftel des gesamten Energieverbrauchs aus. Zu Buche schlagen vielmehr das automatische Aufwärmen, Spülen und
«Ist die Maschine zu gross, braucht sie viel Energie, um eine Leistung bereitzustellen, die gar nicht bezogen wird.»
Reinigen. «Dieser Verbrauch zur Bereithaltung der Maschine fällt immer an, auch wenn kein einziger Kaffee konsumiert wird», sagt Nadja Gross, Projektleiterin Energieeffizienz bei der Produktvergleichsplattform Topten.
Transparente Auswahlkriterien
Für gewerbliche Kaffeemaschinen gibt es noch kein Energielabel oder keine Ecodesign-Vorschriften, die Auskunft geben über ressourcenschonende Bauweise oder energiesparenden Betrieb. Wer für seine Hotelbar, sein Restaurant oder seine Kantine eine neue, möglichst umweltschonende Maschine sucht, benötigt deshalb, gemäss Nadja Gross, für den Kauf einfache und nachvollziehbare Kriterien. Dazu gehören zum einen technische Anforderungen, wie in der Gerätesoftware hinterlegte Betriebszeitpläne oder eine automatische Abschaltfunktion nach dem Reinigungszyklus. Beides vermeidet Energieverschwendung fürs Warmhalten.
Zum anderen ist es wichtig, eine Kaffeemaschine auszuwählen, die den Bedürfnissen des jeweiligen Betriebs optimal entspricht. Nadja Gross: «Ist die Maschine zu gross, braucht sie viel Energie, um eine Leistung bereitzustellen, die gar nicht bezogen wird.» Eine falsche Wahl kann aber auch eine zu kleine Maschine sein. Denn wenn diese im Dauereinsatz ist und immer an der Leistungsgrenze läuft, ist der Verschleiss höher und ein Einsatz schneller notwendig.
Eine gute Messgrösse für eine richtig dimensionierte Maschine ist die Tassenleistung pro Stunde, die auch Durchsatz genannt werden kann. Also die maximal mögliche Menge, die aber nicht immer ausgeschöpft werden sollte (weitere Punkte siehe Infoboxen).
Intelligente Software
«Um den Energieverbrauch so gering wie möglich zu halten, unterscheiden wir zwischen verschiedenen Kundenbedürfnissen», betont auch Matteo Trachsel, Head of Sustainability bei Kaffeevollautomaten-Hersteller Thermoplan. So werden bei Kaffeemaschinen mit längeren Standzeiten, etwa in Personalbüros, effiziente Durchlauferhitzer eingebaut, die
«97 Prozent der CO₂- Emissionen fallen bei der Nutzung an.»
keinen Stand-by-Stromverbrauch haben. Bei Automaten mit höherem Durchsatz wird intelligente Software eingesetzt. Diese «entscheidet,» wann der Sparmodus sinnvoll ist. Selbstredend immer mit dem Fokus darauf, dass die Maschine dann einsatzbereit ist, wenn sie gebraucht wird.
Thermoplan betrachtet bei der Produktion nach eigenen Angaben immer den gesamten Cradle-to-Grave Zeitraum – von der Rohstoffgewinnung über die Nutzungsphase bis zur Entsorgung. «97 Prozent der CO₂-Emissionen fallen bei der Nutzung an», sagt Matteo Trachsel. Deshalb sei es wichtig, neue Technologien und Verfahren zu entwickeln, um Energie und Ressourcen zu sparen. Zu Letzteren zähle die Lebensdauer der Geräte, die im Wesentlichen von der Beanspruchung und der Pflege abhängt, aber auch 52 von der Bauweise. Stichwort Modularität: Ist die Konstruktion so, dass nur die Verbrauchsteile ersetzt werden müssen, können Kaffeemaschinen zehn Jahre oder noch länger im Einsatz bleiben.
Forschungsprojekt «Circulus»
Auch die Frage, wie es danach weitergeht, ist laut Matteo Trachsel ausschlaggebend. Deshalb sollten möglichst viele Kaffeemaschinen-Komponenten wiederverwertbar sein. Thermoplan beteiligt sich neben V-Zug und drei weiteren Unternehmen am Forschungs projekt «Circulus», das von der Zürcher Hochschule für Angewandte Wissenschaften, ZHAW, geleitet wird. Das gross angelegte Projekt will zeigen, wie die Schweizer Maschinen-, Elektro- und Metallindustrie entlang der gesamten Wertschöpfungskette kreislauffähig werden kann. Zu dieser Kreislaufwirtschaft gehört, Produkte und Materialien lange im Umlauf zu halten. Dies mit dem Ziel, weniger Rohstoffe zu verbrauchen, weniger Abfall zu produzieren und einen systematischen Ansatz für Netto-Null-Emissionen vorzulegen.
Auswahlkriterien
Empfohlene Tassenmenge pro Tag: Dies ist für die Auswahl der Maschine entscheidend. Hier geht es um die Leistungsfähigkeit und das Einsatzprofil der Maschine. Dreht sich alles um eine geringe Nutzung mit einem Peak pro Tag, beispielsweise in der Mittagspause? Oder um eine durchgehend hohe Nutzung, über den Tag verteilt?
Produktvielfalt
- Möchten Sie eine einfache Maschine, die Kaffeegetränke anbietet, oder sollen auch Milchmischgetränke möglich sein? Oder wollen Sie gar die komplette Vielfalt mit Sirup, kalten Kaffeegetränken und Tees im Angebot haben? Die Entscheidung für oder gegen Milch und welche Art von Milch (Pulver- oder Frischmilch) ist ebenfalls wichtig.
Gleichzeitiger Bezug verschiedener Produkte
- Zu Stosszeiten oder bei generell stark frequentierten Maschinen ist es sinnvoll, unter schiedliche Getränke parallel beziehen zu können (etwa Tee und Kaffee). Dies bedeutet allerdings einen grösseren Energieverbrauch.
Reinigungs- und Wartungsaufwand
- Bedenken Sie, welche Reinigung die Maschine täglich benötigt und wie oft sowie auf welche Art eine Wartung nötig ist. So ist beispielsweise bei Maschinen mit Frischmilchverwendung eine intensivere Reinigung erforderlich.
Optimierung des Energieverbrauchs
- Informieren Sie sich über Maschinen mit tiefem Energieverlust pro Tag. Die Produktion der Getränke ist hier nicht enthalten, weil diese nur einen geringen Anteil am täglichen Gesamtenergieverbrauch pro Tag ausmacht. Achten Sie auf eine sinnvolle Programmierung der Geräte, schalten Sie diese über Nacht ganz aus. Regulieren Sie den Tassenwärmer nach unten oder schalten Sie ihn aus, wenn er nicht benötigt wird.
Quelle: topten.ch
Bio-Kaffee und Pflanzenmilch
- Kuhmilch oder Milchalternative? Diese Frage ist nicht nur Geschmackssache, sondern umweltrelevant. Betrachtet man die CO₂-Emissionen einer Kaffeemaschine, werden rund 60 Prozent durch Kuhmilch verursacht. Milchalternativen haben im Schnitt circa 40 Prozent weniger Emissionen. Auf pflanzenbasierte Produkte aus Hafer oder Soja umzusteigen, verbessert die Gesamt bilanz – und bietet Gästen neue Geschmacks varianten.
- Mit Siebträgermaschinen ist es oft schwierig, die exakte Milchmenge zu bestimmen. Hier kann ein Vollautomat mit automatischer Milchmengenausgabe eine gute Lösung sein. So wird beim Aufschäumen die exakt passende Portion produziert und Verschwendung vermieden.
- Wer konsequent Bio-Kaffee verwendet, kann seinen ökologischen Fussabdruck zusätzlich reduzieren. Zudem können Gastgeberinnen und Gastgeber auf Fair-Trade-Labels wie www.fairtrademaxhavelaar.ch achten, die ein Augenmerk auf die sozialen und ökologischen Auswirkungen des Kaffeehandels haben.
Basis für Modellvergleich
Derzeit gibt es noch keine einheitliche Norm, nach der Hersteller den Energieverbrauch ihrer Gewerbekaffeemaschinen deklarieren. Dies soll sich mit der neuen Norm prEN 50730 ändern, welche voraussichtlich noch in diesem Jahr in Kraft tritt. Basierend darauf könnte dann eine Energieetikette ausgearbeitet werden, ähnlich wie es sie für Haushaltskaffeemaschinen bereits gibt. Die Messnorm DIN 18873-2 erlaubt immerhin den Vergleich verschiedener Geräte, kategorisiert nach der Anzahl Tassen pro Stunde. Für den Kaufentscheid können sich Gastronomiebetriebe an einer Liste von 30 ausgewählten Modellen orientieren. Für diese gibt es auch Fördergelder des Bundes.
Weitere Informationen dazu: www.topten.ch/gewerbliche-kaffeemaschinen