Das Klima schützen heisst vor allem: CO² vermeiden. Hier steckt viel Potenzial in den Gebäuden der Schweiz, denn sie verursachen rund einen Drittel der CO²-Emissionen. Auch in Hotel- und Gastrobetrieben rückt damit ein Raum in den Fokus, der sonst weit hinter Gaststuben, Sälen und Gästezimmern zurücksteht: der Heizungsraum. So war es auch im Grand Hotel Zermatterhof in Zermatt:
«Das Umweltbewusstsein der Gäste hat zugenommen.»
5 Sterne, 142 Jahre Hoteltradition, 16 Gault-Millau- Punkte, 77 Zimmer und Suiten – und ein Jahresverbrauch von rund 130'000 Litern Heizöl. Letzteres galt bis vor vier Jahren. «Das Umweltbewusstsein der Gäste hat zugenommen», sagt Andreas Biner, CEO der Matterhorn Group AG, die das Hotel betreibt. «Nicht zuletzt deshalb fragten wir uns: Gibt es Alternativen zur Ölheizung?» Als sich dann zeigte, dass Teile der Heizung ersetzt werden müssten, war für die Geschäftsleitung klar: «Jetzt machen wir den grossen Schritt.»
Abwärme aus Supermarkt
Mit dem Verzicht auf fossile Brennstoffe beschäftigte sich auch die Tschuggen Hotel Group. Hier ging es darum, das altehrwürdige Hotel Valsana in Arosa durch einen Neubau zu ersetzen. «Wir stellen uns bei jedem Prozess die Frage, wo wir hinsichtlich Klimaschutz noch effizienter agieren können», erklärt Eva- Marie Knaak, Kommunikationschefin der Hotelgruppe. Die Tschuggen Hotel Group prüfte verschiedene Energiekonzepte – und entschied sich letztlich für ein ziemlich revolutionäres: Im 2017 eröffneten Neubau mit 40 Doppelzimmern und Juniorsuiten, 9 Appartements, 11 Eigentumswohnungen sowie Laden- und Praxisräumen wurde ein Eisspeicher eingebaut, dazu 18 Erdsonden plus eine «Das Umweltbewusstsein der Gäste hat zugenommen.» Andreas Biner CEO, Matterhorn Group AG Die Heizung mit Eisspeicher im Valsana Hotel Arosa. 59 Verbindung zu den Kühlanlagen des Supermarkts im Haus. Damit kann deren Abwärme genutzt werden. Resultat: Bereits im ersten Winter nach der Eröffnung konnte das Valsana Hotel 96 Prozent des Wärmebedarfs selbst decken und war zu 100 Prozent CO²-neutral. Effizient ist vor allem die Abwärmenutzung, spektakulär der Eisspeicher. Wie funktioniert er?
Der Speicher ist zunächst einmal ein riesiger Wassertank, in dem dünne Rohre installiert sind. Darin zirkuliert eine Flüssigkeit, die im Sommer überschüssige Wärme auf den Wassertank überträgt. Umgekehrt, wenn das Gebäude beheizt wird, entziehen Wärmepumpen dem Wasser die Wärme – teils bis zum Gefrieren des Wassers, daher der Name Eisspeicher. Diese Technologie ist noch wenig bekannt, entsprechend sorgt der Eisspeicher des Valsana Hotels in der Hotelbranche nach wie vor für Aufsehen. Und es brauchte auch etwas Mut, wie Eva-Maria Knaak einräumt: «Um ehrlich zu sein, wussten wir bei Eröffnung des Hauses nicht, ob das System tatsächlich einwandfrei funktionieren würde. Es war eine Frage des Vertrauens.» Zudem gehöre die Suche nach neuen Lösungsansätzen zur DNA der Tschuggen Hotel Group. «Technik kann sich nur weiterentwickeln, wenn es Unternehmen gibt, die bereit sind, in Innovation zu investieren.» Auch im Grand Hotel Zermatterhof hat man verschiedene Technologien evaluiert, um die Ölheizung zu ersetzen und den erwähnten «grossen Schritt» zu machen.
Pellets aus eigenen Holzabfällen
Neben Solarenergie prüfte die Matterhorn Group AG auch die Installation eines Erdwärmesystems. Das habe hier nicht gepasst, erklärt CEO Andreas Biner. «Wir hätten Dutzende von Löchern bohren müssen, teils an exponiertesten Lagen im Garten des Hotels.» Letztlich entschieden sich die Betreiber des Grand
«Wir hätten Dutzende von Löchern bohren müssen.»
Hotels Zermatterhof für eine Pelletheizung. Eine Ölheizung wäre zwar günstiger gewesen, sagt Andreas Biner. Aber zum einen wollte man sich eben vom fossilen Heizen verabschieden, zum anderen fand sich auch für die Holzpellets eine wirtschaftlich interessante Lösung.
Die Fäden, aus der diese Lösung gesponnen ist, laufen bei der Burgergemeinde Zermatt zusammen. Sie ist nicht nur Besitzerin der Matterhorn Group AG und damit des Grand Hotels Zermatterhof, sondern auch Eigentümerin von rund 1000 Hektaren Wald. Zudem ist sie an der Matterhorn Pellet AG beteiligt, die Holzabfälle aus der Bewirtschaftung der Burgerwälder zu Pellets verbarbeitet. Kurz: Die Burgergemeinde beheizt ihr Grand Hotel mit lokal verarbeitetem Restholz aus dem eigenen Wald. «Diese Wertschöpfungskette», sagt Andreas Biner, «sorgt für einen betriebswirtschaftlichen Ausgleich.» In der Praxis bedeutet das, dass die Matterhorn Pellet AG die Pellets von ihrem Werk direkt zum Hotel liefert – per Elektrofahrzeug, wie es sich für Zermatt gehört.
Tu Gutes und sprich darüber
Pro Jahr sind zwei bis drei Pelletlieferungen nötig. Dazu wird im Hotel eine Hydrauliktür geöffnet und der Elektrolastwagen kippt den natürlichen Brennstoff direkt ins Pelletlager. Dieses ist im ehemaligen Tankraum eingerichtet. Die Heizanlage selbst, bestehend aus drei Heizkesseln, ist in einem umgenutzten Lagerraum installiert. Heizung und Pelletlager liegen nicht direkt nebeneinander, und das war eine Herausforderung, wie Andreas Biner sagt. «Das sind historisch gewachsene Gebäude. Da lassen sich nicht mal schnell ein paar grosse Rohre durch die Wände
«Wir gelten als Vorzeigebetrieb.»
ziehen.» Dank geschickter Planung und professioneller Umsetzung habe es aber bestens geklappt – und seither funktioniere die Anlage mitsamt der Weiternutzung der bisherigen Wärmeverteilung im Haus hervorragend. Wissen denn nun die umweltbewussten Gäste von diesem Engagement der Matterhorn Group? «Bisher kommunizieren wir vor allem als Gesamtgruppe über Umweltthemen», erklärt Andreas Biner. «Aber wir sind sicher gut beraten, wenn wir die direkte Kommunikation gegenüber den Gästen intensivieren. » Die Tschuggen Hotel Group geht hier bereits weiter. «Wir stellen die Technologie im Valsana Hotel gerne unseren Gästen vor und stossen dabei auf sehr viel Interesse», sagt Eva-Marie Knaak. Regelmässig führe man auch interessierte Bauplaner sowie Kolleginnen und Kollegen aus der Branche durch das Haus – mit Freude und einem gewissen Stolz. «Wir gelten als Vorzeigebetrieb.» Und das soll nicht nur für das Valsana Hotel in Arosa gelten. Für das 5-Sterne-Superior-Hotel Eden Roc in Ascona, zum Beispiel, prüft die Tschuggen Hotel Group die Möglichkeit, Energie aus dem Lago Maggiore zu gewinnen.
5 Tipps: Umweltfreundlicher heizen
von Energieberater Daniel Schneiter, Energie-Agentur der Wirtschaft (EnAW):
Tipp #1
Betreiben Sie Anlagen nur nach Bedarf.
Das gilt für die Heizung genauso wie für die Lüftung: Nutzen Sie die Anlagen lediglich in Zeiten und Räumen, wo auch tatsächlich ein Bedarf besteht – und auf der entsprechenden Stufe. Damit lässt sich enorm viel Energie sparen.
Tipp #2
Planen Sie den Heizungsersatz rechtzeitig.
Ist die Heizung Ihres Betriebs 15-jährig oder älter, sollten Sie sich Gedanken über die Folgelösung machen. Wer erst reagiert, wenn die alte Heizung aussteigt, hat kaum Zeit für seriöse Abklärungen und eine umfassende Evaluation.
Tipp #3
Lassen Sie sich beraten.
Tipps von Energieberaterinnen und -beratern sind schon für den umweltfreundlichen Betrieb der Heizung wertvoll – und erst recht für den Heizungsersatz. Denn dieser verlangt nicht nur hohe Investitionen, sondern auch viel technisches Know-how und eine umsichtige Planung.
Tipp #4
Wählen Sie umweltfreundliche Lösungen.
Um CO² zu vermeiden und einen Beitrag zum Klimaschutz zu leisten, sollten Sie die fossile Heizung (Öl oder Erdgas) durch ein System mit erneuerbaren Energien ersetzen. Für Hotel- und Gastrogebäude ist oft eine Holzheizung die Lösung. Im Idealfall können Sie Ihren Betrieb an einen Holz-Wärmeverbund anschliessen. Zur Reduktion des Energiebedarfs sanieren Sie das Gebäude und nutzen die Abwärme von Wellness-, Lüftungs- und gewerblichen Kälteanlagen. Ob eine Wärmepumpenlösung als Ergänzung oder Ersatzheizung möglich ist, sollte geprüft werden.
Tipp #5
Kalkulieren Sie umfassend.
Betrachten Sie beim Heizungsersatz nicht nur die Investitions-, sondern auch die Betriebskosten (Energiebezug, Wartung). Klären Sie ab, ob Sie bei energetischen Massnahmen von Fördergeldern und/oder Steuererleichterungen profitieren können. Informationen dazu finden Sie zum Beispiel auf der Website energiefranken.ch.
ENERGIE-AGENTUR DER WIRTSCHAFT
Die Energie-Agentur der Wirtschaft (EnAW) unterstützt Unternehmen bei der Reduktion des Energieverbrauchs und des CO²-Ausstosses. Mit der Beratung und Betreuung der Teilnehmenden sind rund 100 Ingenieure beauftragt. Daniel Schneiter, Verfasser der oben erwähnten Tipps, betreut 4- und 5-Sterne-Hotels in Graubünden, Wallis und Bern. Die EnAW wurde als Verein von Schweizer Wirtschaftsverbänden gegründet.