Business-Praxis Tobias Fischer 31.08.2020

Elektroautos: einchecken, einstecken

Möglichkeit, das Elektroauto aufzuladen, wird je länger, je mehr zum Kriterium bei der Wahl von Hotels und Restaurants.

Die Zahl der Elektro- und Plug-in-Hybridautos steigt von Jahr zu Jahr. 2019 waren in der Schweiz 28’716 reine Elektroautos zugelassen – fast 50 Prozent mehr als im Jahr zuvor. Entsprechend steigt die Nachfrage nach Ladestationen. Und weil es bekanntlich mehr Zeit braucht, ein Auto zu laden als mit Treibstoff zu betanken, tut man das mit Vorteil dann, wenn das Fahrzeug ohnehin irgendwo steht: zuhause, am Arbeitsplatz oder eben während des Aufenthalts im Restaurant oder Hotel. In diesen Betrieben ist die eigene Ladestation noch kein Mindeststandard, andererseits aber auch keine Pionierleistung mehr. «Wir befinden uns in einer Phase ­dazwischen», sagt Claudio Pfister, Leiter der Fach­gesellschaft e-mobile von Electrosuisse, dem Verband für Elektro-, Energie- und Informationstechnik. In ­dieser Übergangsphase sei eine Ladeinfrastruktur eine Topchance für das Marketing von Restaurants und Hotels. Pfisters Empfehlung dazu: «Möglichst schnell online, in allen Unterlagen und vor Ort die Botschaft verbreiten: Bei uns können Sie Ihr Elektrofahrzeug ­laden.» Dass man dieses Versprechen dann auch ­halten muss, versteht sich von selbst, lässt sich aber mit wenig Aufwand lösen.

«Möglichst schnell die Botschaft verbreiten: Bei uns können Sie Ihr Elektrofahrzeug laden.»

Claudio Pfister
Leiter e-mobile
Electrosuisse

Industriesteckdose plus mobiles Ladekabel

Etwas mehr als die normale 230-Volt-Steckdose braucht es allerdings doch. «Über diese normale Haushaltssteckdose kann man zwar die Batterie des Elektroautos laden, doch das sollte nur im Notfall ­geschehen. Denn bei ständiger Wiederholung geht die Steckdose kaputt, und dann wird sie gefährlich», ­erklärt Claudio Pfister. Die einfachste taugliche Lösung könnte in der Küche oder im Keller eines Betriebs liegen: eine Industriesteckdose. Das sind die roten, dreiphasigen Steckdosen mit 16 oder 32 Ampere. «Sie verfügen über eine Leistung, die für das Laden während eines Abendessens oder über Nacht zweckmässig ist.» Für 100 Kilometer Reichweite zu laden, dauert bei der 16-Ampere-Steckdose etwa zwei Stunden, bei der 32-Ampere-Steckdose die Hälfte. Alles, was es dazu noch braucht, ist ein mobiles Ladekabel. Das kostet etwa 1000 Franken und lässt ein sicheres Laden ab einer roten oder blauen Industriesteckdose zu. Auch Verlängerungskabel sind erhältlich. «Am besten schaut man das mit dem Elektriker an», rät Claudio Pfister von e-mobile.

Soll der Gast fürs Laden bezahlen?

Das Elektroauto gratis laden zu können, ist für Restaurant- und Hotelgäste sicher ein tolles Extra. Die Frage ist nur, wie viel dieses Geschenk den Gastro­nomen oder Hotelier kostet. Claudio Pfister von e-mobile rechnet vor: «Würde man eine grosse, komplett leere Batterie füllen, käme man auf eine Energiemenge von etwa 100 kWh, aber das wäre der absolute Ausnahmefall. Der Schnitt liegt eher unter 50 kWh. Wenn ich nun 50 kWh verschenke, ist das bei einem Strompreis von 10 Rappen pro kWh also ein Fünfliber, bei 20 Rappen eine Zehnernote. Während eines Essens lädt man für einen tiefen einstelligen Frankenbetrag.»

Die Menge hängt ganz davon ab, wie schnell das Kabel lädt. Und das lässt sich steuern. Pfisters Tipp: Das Laden zuerst einmal kostenlos anbieten und beobachten, wie sich das Ganze entwickelt. «Wenn ich das Gefühl habe, es werde zu teuer, kann ich immer noch die Ladeleistung reduzieren.» Oder eben doch Geld fürs Laden verlangen. In der Hotel­garage lassen sich die Ladekosten gegebenenfalls auch in die Parkgebühr integrieren.

Echte Ladestation

Auf die Industriesteckdose und ein mobiles Ladekabel zu setzen, ist der hemdsärmelige Ansatz – das Minimum, um mit einer Ladeinfrastruktur zu werben. Wer sich dann dafür entscheide, ein Kabel von der bestehenden Industriesteckdose in die Garage zu ziehen, gehe am besten gleich noch einen Schritt weiter, sagt Pfister. «Dann würde ich dort statt einer Industriesteckdose gleich eine Wallbox beziehungsweise eine Ladesäule installieren.» Diese Geräte kosten zwischen 500 und 3000 Franken, damit hat man dann eine echte Ladestation mit Typ-2-Stecker, dem europäischen Standard fürs Wechselstrom-Laden. Eine solche Installation empfiehlt Claudio Pfister auch für Be­triebe, die ohnehin daran sind, ihr Gebäude umzubauen oder zu sanieren. Schliesslich sei es vor allem die Arbeit, die bei der Installation finanziell ins Gewicht falle.
 

Ladestationen in allen Sunstar Hotels

Auf Ladestationen setzen zum Beispiel die Sunstar ­Hotels mit Standorten in Graubünden, im Wallis, im Berner Oberland und im Tessin. In allen Betrieben ausser im Wallis ­bietet Sunstar eine Ladestation an. «Sie werden gut genutzt», sagt Marco Barbon, Leiter Facility/Nachhaltig­keit bei Sunstar. «Dieses Angebot ist sicherlich ein Pluspunkt.» Das Laden sei für den Gast kostenlos (vgl. Box), er bezahle lediglich die übliche Tiefgaragengebühr. Für Sunstar sei das Thema Elektromobilität und Lade­infrastruktur auch deshalb relevant, weil man die Hotelbus-Flotte auf Elektro umrüsten werde.

Hier informieren sich Gäste

Auf der Buchungsplattform booking.com wurde «Aufladestation für Elektro-Autos» als Suchkri­te­rium unter dem Punkt «Hotelausstattung» eingeführt.

Auf chargehotels.com sind über 5500 Hotels verzeichnet, die Ladepunkte für Elektroautos anbieten. Über die Plattform lassen sich auch Zimmer buchen. 

Tesla bietet unter tesla.com eine Übersicht über alle Unterkünfte und Restaurants mit einem Tesla Desti­nation Charger.