Schon beim Betreten einer Hotellobby spielen sich in unserem Gehirn Prozesse ab, die wir nicht bewusst wahrnehmen, die aber einen grossen Einfluss auf unsere Erinnerung an dieses Hotel haben werden – je nachdem jahrelang. Der Einfluss dieser unterschätzten Duftmacht ist gross. Das haben Hoteliers erkannt und das Duftmarketing für sich entdeckt. Es geht sogar so weit, dass sich Hotelketten ihren eigenen Hausduft mischen lassen, damit sich Menschen buchstäblich wie zu Hause fühlen, wenn sie ihr Hotel (wieder) betreten. Was verrückt klingt, ist erwiesen: Düfte können tragend sein bei unseren Entscheidungen und uns bei der nächsten Reise tatsächlich ins gleiche Hotel oder in die gleiche Hotelkette lotsen – völlig unbewusst.
Weniger ist mehr
Duft ist mittlerweile ein allgegenwärtiges Thema. Früher kannte man die kleinen selbstauslösenden Sprays und Gel-Dosen, die ein trostloses Dasein in den Toiletten fristeten. Die Raumbeduftung war früher mehr eine Art Problemlöser. Ganz anders heute: Düfte sind überall anzutreffen. Sie kommen in imposanten Gefässen daher und gehören zum dekorativen guten Ton. Die Herausforderung dabei ist, die Düfte dezent zu halten, sodass der Gast sie beim Betreten eines Raumes nicht sofort wahrnimmt.
«Ziel ist es, eine dezente
Duftkulisse zu schaffen,
die leicht mitschwingt.»
Die Duftkulisse sollte immer leicht mitschwingen und nicht den gesamten Raum einnehmen. «Daher ist es wichtig, die Düfte immer vorab zu testen. Unsere Sinne sind sensibel und sollten nicht überstrapaziert werden», so Adrian Auf der Mauer, CEO des Raumduft-Produzenten Provalora CS AG.
Eine gute Investition
Düfte müssen nicht erst dann eingesetzt werden, wenn schlechte Gerüche zum Problem werden – auch wenn es gilt, insbesondere dann schnell zu handeln. Gerüche können auch Monate oder Jahre später Erinnerungen hervorrufen – gute wie schlechte. Insbesondere ältere Zimmer können nach einigen Jahren einen gewissen Eigengeruch entwickeln, der schnell mal ein ungutes Gefühl bei Gästen aufkommen lässt. Die Beduftung ist also eine gute Investition. Je nach Raumgrösse kommen Duftöle, Duftvernebler oder spezielle Duftsysteme zum Einsatz. Wer sich die Nachhaltigkeit besonders gross auf die Fahne geschrieben hat, entscheidet sich für Duftstäbchen oder handgeflochtene Sesbania-Blüten, die komplett ohne Strom auskommen. Die Möglichkeiten sind grenzenlos. So oder so: Düfte sorgen für dufte Zeiten.
Adrian Auf der Mauer
CEO der Provalora CS AG in Wigoltingen
Düfte sind sein Metier und das seit über zehn Jahren. Adrian Auf der Mauer, beschäftigt sich tagtäglich mit den verschiedenen Duftnoten und weiss, worauf beim Kauf von Duftprodukten zu achten ist:
- Woher kommen die Produkte?
- Sind die Duftstoffe IFRA-zertifiziert?
- Sind Sicherheitsdatenblätter zu den einzelnen Düften vorhanden?
- Sind die Düfte beim BAG (Bundesamt für Gesundheit) ordnungsgemäss registriert?
- Sind die Produkte nachfüllbar?
- Sind Ersatzteile zu den Produkten erhältlich?
- Gibt es die Möglichkeit, die Düfte vorab zu testen oder Muster zu erhalten?
- Sind die Düfte in unterschiedlichen Beduftungssystemen einsetzbar?
- Sind die Düfte auch als Hausduft realisierbar?
- Wie lange ist der Hersteller bereits auf dem Markt tätig?
WELCHER DUFT FÜR WELCHEN RAUM?
Adrian Auf der Mauer weiss, welcher Duft zu welchem Raum passt:
Lobby
warme, einhüllende Noten wie Vanille oder Sandelholz
Lounge
holzige Noten wie Sandel- oder Zedernholz
Wellness- und Fitnessbereich
frische Noten wie Zitrus oder Eukalyptus
Toilette allgemein
zitrische Noten wie Zitronengras oder Orange
Herrentoilette
herbe Noten wie Bergamotte oder Rosmarin
Damentoilette
blumige Noten wie Rose oder Lavendel
Hotelzimmer
leichte, frische Noten wie Grüntee oder Baumwollduft
«Mit frischen, zitrischen oder auch holzig-warmen Duftnoten können Hoteliers nichts falsch machen. Das sind auch die beliebtesten Düfte. Wichtig ist, dass der Duft mit der Story des Hauses harmoniert. Ein Berghotel könnte für seinen Hausduft zum Beispiel auf alpine Kräuter, Alpenrose oder Edelweiss setzen», so Auf der Mauer.
7 MYTHEN RUND UM DÜFTE
Hanns Hatt, Professor für Zellbiologie an der Ruhr-Universität Bochum und einer der renommiertesten Geruchsforscher der Welt, räumt mit Mythen auf.
Hanns Hatt, renommierter Wissenschaftler und Experte auf dem Gebiet der Geruchsforschung, hat sich im Laufe seiner beeindruckenden Karriere als Professor für Zellbiologie an der Ruhr-Universität Bochum einen internationalen Ruf erarbeitet. Er ist insbesondere bekannt für seine bahnbrechenden Arbeiten zur Erforschung des menschlichen Geruchssinns und der zugrunde liegenden Mechanismen.
«Düfte haben grossen Einfluss
auf unser Verhalten
und unsere Emotionen.»
Seine Forschungen haben nicht nur dazu beigetragen, das komplexe Zusammenspiel von Geruchsstoffen und Rezeptoren zu verstehen, sondern auch wichtige Erkenntnisse dafür geliefert, wie Düfte unser Verhalten und unsere Wahrnehmung beeinflussen können.
Faszinierende Persönlichkeit
Als Pionier auf seinem Fachgebiet hat Hanns Hatt zahlreiche Auszeichnungen und Ehrungen erhalten, die seine herausragenden Leistungen in der Geruchsforschung würdigen. Seine fesselnden Vorträge und Publikationen haben nicht nur die akademische Gemeinschaft, sondern auch die breite Öffentlichkeit inspiriert und begeistert. Durch seine leidenschaftliche Hingabe an die Wissenschaft und sein unermüdliches Streben nach Erkenntnis bleibt Hanns Hatt eine faszinierende Persönlichkeit, die das Verständnis unseres Geruchssinns und seiner Bedeutung für unser tägliches Leben massgeblich geprägt hat.
Mythos #1
Düfte haben keinen Einfluss auf das Verhalten und die Emotionen von Menschen.
Düfte haben einen grossen Einfluss auf Menschen. Wir nehmen Düfte auf zwei Arten auf: über die Nase und über die Atmung. Unser Gehirn verbindet den Duft mit der Emotion, die wir gerade empfinden und speichert diese ab. So wird die Emotion mit dem Duft gekoppelt und hervorgerufen, wenn wir den Duft wieder riechen. Wissenschaftliche Studien zeigen, dass es Düfte gibt, die im Gehirn mit Rezeptoren interagieren.
Lavendel kann zum Beispiel das Schlafzentrum aktivieren.
Mythos #2
Düfte können allergische Reaktionen hervorrufen.
Ja, das stimmt. Es handelt sich dabei aber in der Regel um Kontaktallergien, wenn der Duft in hoher Konzentration auf die Haut oder in den Körper gelangt. Um angenehme Düfte zu erzeugen, ist eine hohe Konzentration aber nicht nötig.
Mythos #3
Düfte können die Gesundheit gefährden.
Ja, das ist möglich, aber nur, wenn man zu viel davon aufnimmt. Interessant zu wissen ist, dass Düfte im Gesundheitswesen – insbesondere bei der Diagnostik – sogar hilfreich sein können. Mittlerweile weiss man, dass dafür trainierte Hunde gewisse Krankheiten wie Diabetes über Duftsensoren erkennen können. In Zukunft werden diese Hunde auch Lungen- und Darmkrebs «erriechen» können.
Mythos #4
Natürliche Düfte sind immer besser als synthetische.
Nicht unbedingt. Synthetische Düfte, die in der Natur gar nicht vorkommen, können problematisch sein, weil uns die richtigen Sensoren dafür fehlen. Es gibt aber auch synthetische Düfte, die in der Natur vorkommen und chemisch hergestellt werden können, wie zum Beispiele Vanillin. Der Mensch erkennt den Unterschied nicht. Unseren Sensoren ist in diesem Fall egal, ob der Duft natürlich ist oder synthetisch hergestellt wurde.
Mythos #5
Künstlich produzierte Düfte können ein Störfaktor sein.
Wenn der Duft zu intensiv ist, stört er so oder so – ob natürlich oder künstlich produziert
Mythos #6
Düfte haben nur eine kurzfristige Wirkung.
Im Gegenteil: Düfte haben lang anhaltende Auswirkungen auf unsere Sinne. Bestimmte Geruchsstoffe können starke Emotionen und Erinnerungen hervorrufen, die über lange Zeiträume hinweg anhalten. Dies geschieht, weil Düfte im limbischen System des Gehirns verarbeitet werden, das eng mit unseren Gefühlen und Erinnerungen verknüpft ist.
Ein Duft kann nicht nur unmittelbare Reaktionen auslösen, sondern auch eine
tiefgreifende Verbindung zu vergangenen Erfahrungen schaffen.
Mythos #7
Die Wirkung von Düften ist rein subjektiv.
Forschungsergebnisse zeigen, dass es durchaus objektive Reaktionen auf bestimmte Düfte gibt, die auf der biologischen Ebene stattfinden. Düfte können durch die Interaktion mit spezifischen Rezeptoren in der Nase eine klare und messbare Wirkung haben. Diese Rezeptoren sind für verschiedene Geruchsstoffe empfindlich und lösen spezifische Signale an das Gehirn aus. Dadurch können bestimmte Düfte ähnliche Reaktionen bei einer Vielzahl von Menschen hervorrufen. Zwar kann die Reaktion auf bestimmte Düfte auch kulturell geprägt sein, dennoch gibt es gewisse universelle Eigenschaften von Düften, die von vielen Menschen ähnlich wahrgenommen werden.