Herr Kappler, gerade läuft im SeniorenZentrum Uzwil ziemlich viel.
Ja, die Bauarbeiten für den grossen Erweiterungsbau werden endlich abgeschlossen und mein Team und ich können die neue, moderne Küche beziehen. Mit einem neuen Restaurant für die Mitarbeitenden und einem öffentlichen inklusive Cafeteria für Bewohnerinnen und Bewohner sowie Gäste gibt es für uns einiges zu tun.
Welche Herausforderungen begegnen Ihnen im Alltag?
Der Job als Küchenchef ist sehr abwechslungsreich und erfordert ein gutes Auge für Qualität, Rationalität und Wirtschaftlichkeit. Das Ziel ist klar: ein qualitativ gutes Essen auf den Tisch zu zaubern. Dazwischen klingelt das Telefon, Lieferanten kommen oder die Lernenden üben für ihre bevor- stehende Prüfung. Es ist also immer sehr viel los.
Steckbrief
Markus Kappler, Küchenchef
Alter: 49
Wohnort: Wattwil
Stationen: Küchenchef, SeniorenZentrum Uzwil Leiter Gastronomie, SOLINO Bütschwil Engagements Prüfungsexperte von Hotel & Gastro formation SG AR AI FL
Hobbys: Kochen, Haus Umbauen, Gärtnern
Was macht Ihre Küche besonders?
Wir kochen fast ausschliesslich mit selbst gerüstetem, frischem Gemüse. Das ist in der Heimküche leider selten geworden. Dabei sind die Vitamine und Nährstoffe von frischen Zutaten gerade bei uns enorm wichtig. Bei 220 Mahlzeiten inklusive Mahlzeitendienst bedeutet das viel Arbeit. In Sachen Qualität ist mir wichtig, dass, soweit möglich, regionale Produkte eingekauft werden und die Zusammenarbeit mit den Landwirten und Produzenten gut funktioniert. Mehrmals im Jahr beziehen wir beispielsweise einen ganzen Muni, ein Rind am Stück, den wir komplett zerlegen, die Fleischstücke lagern und in unsere Menüs verarbeiten. So was macht – glaube ich – keine andere Heimküche mehr.
Also so richtig From Nose to Tail?
So gut es möglich ist, ja. Wir verwerten alle Fleischstücke und nutzen auch die Knochen für Bouillon oder Jus. Ich bin erst seit etwas mehr als einem Jahr im SeniorenZentrum tätig, doch inzwischen kenne ich die Vorlieben der 140 Bewohnerinnen und Bewohner sehr gut und weiss, wer gerne Kutteln mag oder für wen Leberli ein Festmahl sind. Dass wir einen ganzen Muni verarbeiten, ist auch wichtig für unsere Lernenden. Das Wissen um ganzheitliche Verwertung geht sonst allmählich verloren.
Apropos Leberli. Hat sich das Essverhalten im Senioren- Zentrum im Laufe der Jahre verändert?
Bewohnerinnen und Bewohner sind anspruchsvoller geworden. Die Generation der Babyboomer hat mehr erlebt, mehr gesehen und vor allem vielfältiger gegessen als ihre
«Heute darf es auch Sushi oder Vitello tonnato sein!»
Vorgängergeneration. Die althergebrachte Meinung, dass Heimköche nur Griessbrei und Kartoffelstock auf den Teller bringen, ist schon lange überholt. Heute darf es auch Sushi oder Vitello tonnato sein! Bewohnerinnen und Bewohner freuen sich über eine moderne, zeitgemässe und abwechslungsreiche Küche.
Wo sehen Sie Optimierungspotenzial?
Ganz klar bei den Abläufen im Kochprozess. Bereits mit kleinen Änderungen erreichen wir grosse Verbesserungen: Zubereitungsmöglichkeiten der modernen Geräte nutzen, Prozesse entsprechend optimieren und die Organisation anpassen. Um die Effizienz und Qualität zu steigern, garen wir zum Beispiel viele Gerichte über Nacht. Das spart Energie, verringert den Nährstoffverlust bei der Zubereitung und entflechtet unsere Produktion vor dem Mittagessen. Uns bleibt so mehr Zeit, die wir in andere Elemente des Menüs investieren können.
Wie wird Nachhaltigkeit in Ihrem Betrieb gelebt?
Schonende Prozesse sparen Energie. Und da wir in der Region einkaufen, sind auch die Transportwege sehr kurz. Um Food Waste zu verhindern, arbeiten wir mit Mengentabellen. Dabei spielt auch die Erfahrung eine grosse Rolle. Es ist mir wichtig, dass in internen Schulungen immer wieder auf sinnvolle Lebensmittelverwertung hingewiesen wird und unser Team auf nachhaltige Lösungen sensibilisiert ist. Der Teamzusammenhalt ist für Sie sehr zentral? Ja, sehr! Mindestens einmal im Jahr machen wir einen Aus- flug zu einem unserer Lieferanten. Das stärkt nicht nur den Zusammenhalt unter den Mitarbeitenden, sondern
«Eine gute, faire Beziehung zu meinen Lieferanten fördert das Verständnis.»
gleichzeitig auch die Beziehung zum Produzenten und zu seinem Produkt. Wenn man weiss, woher der Käse kommt und wer ihn gemacht hat, geht man ganz anders mit Lebensmitteln um. Eine gute, faire Beziehung zu meinen Lieferanten fördert das Verständnis füreinander.
Warum sind Sie Koch geworden?
Ich habe schon als kleiner Junge immer gerne gekocht, da lag es auf der Hand, dass ich Koch werden wollte. Noch heute koche ich aus Freude und Leidenschaft – auch zu Hause für meine Familie. Am liebsten mit dem Smoker oder dem Holzofen, ganz traditionell. Im Job nutze ich dann wieder die modernsten Garmethoden.
Was würden Sie Ihren Gästen niemals servieren?
Keine Pouletbrust aus China, kein Kaninchenfleisch aus Ungarn, nur weil es billig ist.
Was war das Witzigste, das Ihnen je passiert ist?
Ich habe eine falsche Suppe gekocht, die gar nicht auf dem Menüplan stand. Und nur ein Gast hat das bemerkt.
Welchen Rat können Sie Ihren Branchenkollegen weitergeben?
Bildet euch ständig weiter, lernt neue Kochprozesse kennen und optimiert die Arbeiten eurer Köche. Der wichtigste Tipp ist jedoch: Steht so oft, wie es euch die Zeit erlaubt, selbst am Herd. Als Chef nimmt die Büroarbeit schnell überhand. Aber wer nicht mehr selbst kocht, der kann weniger nachvollziehen, wie die eigene Küche funktioniert.
DAS 40-MILLIONEN-PROJEKT
Das SeniorenZentrum Uzwil ist eines der grössten öffentlichen Alters- und Pflegeheime der Region. Aktuell stehen in den Häusern «Marienfried» und «Sonnmatt» rund 175 Pflegebetten zur Verfügung. Ende 2021 kommen noch 78 Betten dazu. Der Erweiterungsbau der Sonnmatt umfasst ein viergeschossiges Gebäude, das mit einem Zwischentrakt sowohl unterirdisch als auch via Erdgeschoss direkt mit den bestehenden Gebäuden verbunden ist. Darin finden neben den Zimmern auch ein öffentliches Restaurant mit Cafeteria, Ess- und Aufenthaltsbereiche für Mitarbeitende, die Spitex sowie verschiedene Sitzungszimmer und Lagermöglichkeiten, Räume für Fitness, Physiotherapie, Podologie und Coiffeur Platz. Zudem gehören zum Projekt eine Tiefgarage mit 30 Plätzen, die Neugestaltung von 70 Parkplätzen sowie Umgebungsarbeiten wie zum Beispiel ein eigener, geschützter Garten für die Demenzabteilung. Der Strom stammt von der eigenen PV-Anlage. «Mit dem Neubau reagieren wir auf die demografische Entwicklung», erklärt Geschäftsführer Kurt Marti. Die Einwohnerzahl in den Trägergemeinden Uzwil, Oberuzwil und Oberbüren steigt kontinuierlich und liegt aktuell bei rund 23’000 Personen. Diese Entwicklung werde sich fortsetzen und damit auch der Anteil an pflegebedürftigen Menschen steigen. Marti erläutert: «Eine Bedarfsanalyse hat 2013 gezeigt, dass wir in der Region mittelfristig auf 200 Pflegebetten angewiesen sein werden. Ausserdem waren die Mehrbettzimmer nicht mehr zeitgemäss. Diese konnten wir mit dem Umbau als Einzelzimmer einrichten und modernisieren.» Das Projekt überzeugte nicht nur den Zweckverband Sonnmatt Uzwil, der die Alters- und Pflegeheimplätze erstellt und betreibt. 2018 sagten Stimmbürgerinnen und Stimmbürger der Trägergemeinden Ja zum 40-Millionen-Franken- Kredit. 2022 kann nun der Neubau komplett bezogen werden. Die Umgebungs- und Rückbauarbeiten der Provisoren werden das SeniorenZentrum Uzwil ebenfalls im nächsten Jahr beschäftigen. Bild: SeniorenZentrum
Top-5-Nachhaltigkeitstipps
Von Küchenchef Markus Kappler
1. Kaufe qualitativ hochwertig und regional ein
2. Pflege die Beziehungen zu Lieferanten
3. Schule und sensibilisiere deine Mitarbeitenden
4. Optimiere deine Kochprozesse
5. Nutze moderne Garmethoden