Wer weiss, welche Kulturen die Bauern in ein paar Jahrzehnten in der Schweiz anbauen werden, wenn sich Dürren wie in diesem Jahr tatsächlich häufen. Vielleicht Wassermelonen? Die Mini-Wassermelonen von Landwirt Christian Weber aus Fischbach-Göslikon (AG) kommen in der Trockenheit dank sparsamer Tröpfchenbewässerung tatsächlich mit wenig Wasser aus. Ob sie noch gröbere Hitzewellen schadlos hinnehmen würden, ist aber fraglich, denn die Sorte wurde extra für das milde Klima in nördlicheren Ländern entwickelt.
«Eigentlich kommen wir
zu spät auf den Markt.»
Der Aargauer Landwirt stieg vor acht Jahren in den Anbau von Wassermelonen ein, damals noch gemeinsam mit drei Kollegen. Doch der Anbau und die Vermarktung der kernarmen Minisorte unter dem Namen Swiss Melody sind anspruchsvoll. Wohl auch deshalb sind mittlerweile alle seine Kollegen aus der Produktion ausgestiegen. Die Anfangseuphorie ist verflogen. Heute weiss Christian Weber nur noch von zwei Bauern in Genf und einem im Berner Seeland, die Schweizer Wassermelonen anbauen. Nachdem Swiss Melody im Jahr 2012 von der Migros Luzern noch mit dem Innovationspreis Goldene Sonne ausgezeichnet wurde, hält sich dort die Begeisterung mittlerweile im überschaubaren Rahmen. Im letzten Jahr nahm ihm nur noch der Migros-Onlinehändler LeShop seine Wassermelonen ab.
Bis Oktober im Angebot
Ein buntes Schild am Eingang des Hofladens in Fischbach-Göslikon macht jeweils darauf aufmerksam, dass wieder Wassermelonen frisch ab Feld angeboten werden. Im Dorf spreche sich das jeweils sehr schnell herum, sagt Weber. «Viele können es kaum erwarten.» Und selbst Kenner aus dem Süden schwärmen vom ausserordentlichen, süssen Geschmack.
Weber konzentriert sich mittlerweile mehr auf kleinere Abnehmer in der Region, darunter Volg-Filialen, Restaurants und andere Hofläden. «Wir Bauern müssen das Heft wieder mehr in die eigenen Hände nehmen», findet er. Der Hofladen werde immer wichtiger für den Familienbetrieb. Dort verkauft der Landwirt auch andere eigene Produkte vom 15 Hektaren grossen Betrieb, etwa Zuckermais, Kartoffeln, Zwetschgen, Äpfel, Kürbisse oder Spargeln. Die Wassermelonen-Saison in Fischbach-Göslikon beginnt im Juli und dauert je nach Wetter bis in den Oktober. Und darin liegt einer der Nachteile der Schweizer Wassermelonen. «Eigentlich kommen wir zu spät auf den Markt», sagt Weber. Denn der Handel verkauft die sonst übliche Importware zu diesem Zeitpunkt bereits seit ein paar Monaten. Es besteht deshalb die Gefahr, dass die Leute schon genug haben von Wassermelonen. Zudem sind die ausländischen Melonen im Verhältnis deutlich günstiger als Swiss Melody, die unter Schweizer Bedingungen hergestellt werden müssen.
Hören, ob die Melone reif ist
Das 500 Aren grosse Feld mit den Melonen ist vor der Ernte kaum als solches zu erkennen, weil es von dichtem Kraut der Melonenranken bedeckt ist. «Es ist wichtig, dass die Frucht reif geerntet wird», sagt Christian Weber. Der geübte Blick erkennt den Reifegrad am verdorrten Stiel. Vorsichtig greift Weber aus dem Dickicht einen der zwischen 1200 und 2000 Gramm schweren Melonenköpfe und klopft ihn ab. «Ich höre sofort, ob die Melone genug reif ist oder ob sie während des Wachstums einen Riss erlitten hat und unverkäuflich ist», sagt er.
«Ich höre sofort,
ob die Melone genug reif ist.»
Dreimal pro Woche gehen er oder seine Frau Judith sowie ein Mitarbeiter durch das Feld, um die reifen Melonen von Hand zu ernten. Zwei verkäufliche Köpfe pro Quadratmeter seien eine optimale Ausbeute, sagt Weber. Um diese Menge zu erreichen, setzt er zwei zugekaufte Hummelvölker ein, die für eine bessere Befruchtung und mehr Früchte sorgen. Da Melonen in der Regel zweihäusig sind, braucht es zudem weibliche und männliche Pflanzen. Sein Cousin hatte sich einmal erlaubt, eine der Melonen vom Feld mit nach Hause zu nehmen. Er sei dann irritiert zu ihm gekommen und habe gesagt, die Melonen seien ohne Geschmack und das Fruchtfleisch untypisch hell gefärbt gewesen. Weber lacht. «Er hatte eine Befruchterpflanze erwischt.»
Nachfrage schwankt
Der Arbeitsaufwand für die Kultur sei beträchtlich, sagt Christian Weber. Zur Unterdrückung des Unkrauts verwendet er eine schwarze, biologisch abbaubare Folie, in die er die Setzlinge direkt einpflanzt. Sie wird nach der Ernte in den Boden eingearbeitet und baut sich dort vollständig ab. Während der Saison wird Unkraut, das sich trotzdem zwischen Pflanze und Folie breitmacht, von Hand entfernt. Ein Problem seien Krankheiten und Schädlinge wie Milben, deren Bekämpfung schwieriger werde, weil immer weniger Pflanzenschutzmittel bewilligt würden.
Christian Weber überlegt sich jedes Jahr von Neuem, ob er die Anstrengungen noch einmal auf sich nehmen soll. Besonders herausfordernd sind für ihn die schwankenden Abnahmemengen, die von der Marktsituation, vom Wetter und von den Launen der Abnehmer abhängen. Vor drei Jahren habe es in Europa einen Engpass gegeben, worauf er die gesamte Menge der Wassermelonen problemlos habe verkaufen können. Im letzten Jahr hingegen musste er mehr als 1000 Stück auf dem Feld liegenlassen, weil es zu wenig Abnehmer gab. «Das tut dann schon weh», sagt er. Und eigentlich verstehe er nicht, weshalb es nicht möglich sein sollte, selbst diese relativ kleinen Mengen an einheimischen Wassermelonen zu verkaufen, wo doch alles von regional und Frische rede. Nach reichlich bezahltem Lehrgeld kennt er mittlerweile die Kultur aber schon fast zu gut, um sie einfach so fallen zu lassen: «Ich und meine Frau sind mittlerweile absolute Fans von ihr.»
Fast ausschliesslich Import-Wassermelonen
Die Wassermelone stammt ursprünglich aus Afrika und
gilt als Gemüse. Die gezüchteten grossen Sorten wiegen zwischen 4 und 25 Kilogramm. Die Frucht besteht neben
der Schale aus 96 Prozent Wasser, den Rest teilen sich
Fasern, Kohlenhydrate, Mineralstoffe, Vitamin A und C und Antioxidantien wie das Lycopin. In der Schweiz waren die Wassermelonen im letzten Jahr hinter Karotten, Tomaten, Peperoni und Eisbergsalat das fünftwichtigste Gemüse, was den Konsum anbelangt. Über 32’000 Tonnen wurden importiert, die Inlandmenge beträgt nur einen Bruchteil davon. Mit Abstand das bedeutendste Anbauland für Wassermelonen ist China, gefolgt von der Türkei und dem Iran. Die in der Schweiz verkauften Wassermelonen kommen vor allem aus Italien und Spanien.
*) Landwirtschaftlicher Informationsdienst LID