Dinnerkrimi
Gastronomie Tobias Fischer 20.08.2018

Feinkriminell

Dinnerkrimis machen das Restaurant zur Theaterbühne. Ein feines Nachtessen, dann ins Theater: Das ist der Klassiker. Beim Dinnerkrimi oder Krimidinner verschmelzen Theater und Essen zum interaktiven Gesamterlebnis.

Der Sommerabend im Schloss Rapperswil hat so schön angefangen – und jetzt das. Parker Baumgartner, der erfolgreiche Elvis-Imitator, liegt tot im Schlosshof! «Plötzlicher Herzstillstand», diagnostiziert die Notärztin. Wurde er vergiftet? Der Verdacht steht im Raum, die Story ist lanciert – willkommen bei «Kill Me Tender – Der Elvis-Krimi»! Für das Theater mitten im Restaurant (hier: im Rittersaal) ist die Crew von «DinnerKrimi by Peter Denlo» zuständig, für das Drei-Gang-Menü das Gastroteam von Schloss Rapperswil. Beide Seiten liessen ihr Können bereits beim Apéro aufblitzen.

Theater mittendrin

Mit einem Glas Prosecco wurde das bunt gemischte Publikum begrüsst, bei Crevettencocktails, Suppe und Salat – alles en miniature – kam man mit dem einen oder der anderen ins Gespräch. Thema Nummr 1: Krimidinner. Offensichtlich ein beliebtes Geschenk. Für den einen zur Pensionierung, für den anderen – auf Empfehlung der Coiffeuse – von der Ehefrau. Bei einem dritten war die mitbeschenkte Frau krank und ein Kollege sprang ein: «Jetzt wirds halt nicht so romantisch.» Das wäre es jetzt eh nicht, eher hektisch, überdreht. Vier schillernde Figuren mischen sich unter die Gesellschaft, plaudern sich von Stehtisch zu Stehtisch und stellen sich vor: Simon Sutter, Moderator des Elvis-Imitatoren- Wettbewerbs, der hier gleich stattfinden werde, die coole Jurorin Olivia, die oberfreundliche Event-Hostess Steffi sowie Alex Kern, der im Hawaiihemd und mit Startnummer drei zum Elvis-Wettbewerb antritt und im wahren Leben Peter Denlo heisst. Der Schauspieler und Autor hat DinnerKrimi 2007 gegründet, seither hat seine Denlo Productions GmbH über 50 Produktionen realisiert und fast 3000 Vorstellungen gespielt.

«Auf der Bühne sind wir Schauspieler in einem geschützten Rahmen. Hier dagegen muss ich zum Beispiel darauf eingehen, wenn vier Leute plötzlich anstossen.»

Peter Denlo
Schauspieler und Geschäftsführer Denlo Productions

Dass die Figuren des Stücks mit den Gästen ins Gespräch kommen, ist eine der Besonderheiten solcher Theaterdinners – für beide Seiten. «Auf der Bühne sind wir Schauspieler in einem geschützten Rahmen», sagt Peter Denlo, «hier dagegen muss ich zum Beispiel darauf eingehen, wenn vier Leute plötzlich anstossen. Die klauen mir kurz die Szene, da muss ich improvisieren.» An diesem Abend sind es 30 Gäste, die sich nach dem Apéro an vier runde Tische setzen. Das seien eher wenig, aber so sei es halt an schönen Sommerabenden, und immerhin sei es in diesem Rahmen «total easy zum Spielen». Bei 150 Leuten, das ist etwa das Maximum für eine DinnerKrimi-Vorstellung, sei es schon anspruchsvoller, mit der Stimme durchzukommen, Augenkontakt mit dem Publikum zu haben und mit ihm zu spielen.

All inclusive: Theater, Essen, Getränke

Einen viel grösseren Unterschied macht es für die Theaterleute, ob eine Vorstellung öffentlich ist, wie jene heute im Schloss Rapperswil, oder ob es sich um einen geschlossenen Anlass wie einen Firmenevent handelt. Peter Denlo: «Wir haben ganz tolle Firmenessen, aber so einmal pro Weihnachtszeit kommt ein Anlass, der einfach schwierig ist, auch weil sehr viel getrunken wird. Dann heisst es einfach: Kopf runter und durch! Man macht seinen Job und versucht, das Beste zu geben.» Beim Elvis-Krimi im Schloss Rapperswil hat das Theaterquartett das Publikum jedoch von Anfang an auf seiner Seite. Schliesslich haben sich die Gäste – oder eben ihre nächsten Bekannten – selbst für diese Kombination aus Theater und Dinner entschieden. Und, auch das sei erwähnt, 175 Franken für das Gesamtpaket inklusive Wein, Mineral und Kaffee bezahlt. Die Preise variieren von Spielort zu Spielort leicht, die Menügestaltung liegt ganz in der Hand der Gastgeber.

«Wir haben nicht nachgeschaut, was Elvis gerne ass.»

Fabian Schnyder
Geschäftsführer Schloss Rapperswil

Das Team von Schloss Rapperswil serviert zum Elvis-Krimi zuerst Burrata auf jungen Spargeln und Frühlingssalat. Einen klaren Bezug zum Theaterstück habe das nicht, erklärt Geschäftsführer Fabian Schnyder mit einem Lächeln. «Wir haben nicht nachgeschaut, was Elvis gerne ass.» Vielmehr setze man auf Saisonalität. Und weil das Schloss Rapperswil eine reine Eventlocation ohne Tagesgeschäft mit À-la-carte-Küche sei, freue sich das Küchenteam darüber, bei DinnerKrimis mal etwas zu kochen, was bei Banketten weniger in Frage komme.

Das sagen weitere Gastgeber über DinnerKrimi

«Die DinnerKrimi-Anlässe machen ein viel gemischteres und vor allem jüngeres Publikum auf uns aufmerksam. Wiederholungstäter sind kein seltener Fall. Die öffentlichen Vorführungen werden sehr oft als Team- und Abteilungsevent gebucht. Das widerspiegelt sich dann immer in der noch besseren Interaktion.»
Andrés Calvo, Director of Sales and Marketing,
Hotel Wilden Mann, Luzern

«Die DinnerKrimi-Abende sind für uns eine willkommene Abwechslung zum Daily Business und bereichern unser Hausevent-Angebot. Natürlich profitieren wir als Unternehmung davon, dass die DinnerKrimi-Gäste den Betrieb wie auch den Hausberg kennenlernen.»
Benjamin Styger, Leiter Marketing & Kommunikation,
Hotel Uto Kulm, Uetliberg Zürich

«Es macht Spass, mit einer professionellen Bühnentruppe zusammenzuarbeiten. Immer wieder gibt es neue Gäste, die unser Haus durch DinnerKrimis kennenlernen.»
Thomas Christen, Geschäftsführer,
Landhaus Liebefeld

«Ein Gast, der nach einem DinnerKrimi-Abend mit tollen Erinnerungen nach Hause geht, teilt diese gerne auch in seinem Umfeld und kommt im besten Fall mit Freunden oder mit der Familie zurück zu uns. Ein DinnerKrimi ist auch als ein Abend der Kunst zu verstehen, und die Leistung der Denlo Productions und unseres Küchen- und Serviceteams deckt offensichtlich einen breiten Kunstgeschmack ab.»
Andreas Kruppa, Leiter Marketing & Veranstaltungen,
Hotel Metropole, Interlaken

«Unsere Gäste lieben das kriminelle Spektakel, das kulinarisch umrahmt ist. Die Zusammenarbeit mit Peter Denlo und seinem Team ist so unkompliziert – sie gehören fast schon zu unserem Einstein-Team.»
Michael Vogt, General Manager,
Hotel Einstein, St. Gallen

Während Service wird nicht geschossen

Während des Services und des Essens wird nicht gespielt. Hinter dieser Abwechslung steckt ein minutengenauer Zeitplan und die Koordination durch einen Spielleiter. So kommen sich die Schauspieler und das Servicepersonal nicht in die Quere, wenn im Restaurant geschossen wird und der angeschossene Elvis-Imitator bald davonrennt, um als andere Figur zurückzukommen. Alle Mitwirkenden spielen mehrere Rollen – und das so gut, dass manch ein Zuschauer ins Grübeln kommt, wenn sich ganz am Schluss lediglich zwei Männer und zwei Frauen verneigen: «Waren das nicht mehr Leute?»

Dabei habe es schon deutlich grössere Irritationen gegeben, erzählt Peter Denlo: «In einem unserer Stücke musste ein kräftiger Schauspieler eine kleine, schlanke Schauspielerin in den Würgegriff nehmen und ihr eine Pistole an die Schläfe halten.» Ein Gast sah das nicht mehr als Theater. «Er packte den Schauspieler von hinten und hätte ihm fast den Arm gebrochen!» In einem anderen Stück musste eine Besucherin mit einer Figur im Stück flirten. «Ihr Mann wurde wahnsinnig wütend, zerbrach ein Glas auf dem Tisch und schnitt sich dabei die Hand auf. Das ist dann schon schräg.» Eine, selbstverständlich zurückhaltendere, Mitwirkung des Publikums ist je nach Stück durchaus gewünscht. So dürfen beim Elvis-Krimi zwei Zuschauerinnen die Jury ergänzen, ein Gast erhält sogar die Rolle eines Elvis-Imitators, wird immer wieder angesagt, kommt aber – Running Gag – nie wirklich zum Einsatz.

Lob fürs Stück, Lob fürs Essen

Es gibt so schon genug Imitatoren in diesem Stück, noch mehr Tote und ganz viele Mordmotive: Eifersucht unter Geschwistern, Konkurrenz im Wettbewerb, Affären, alte Geschichten. Die Story wird immer vertrackter, nimmt überraschende Wendungen. «Das gefällt mir besser als mancher TV-Krimi. Die sind mir heute oft zu kompliziert», sagt ein Gast beim Hauptgang. Die Diskussion ist eröffnet und geht nahtlos ins allgemeine Lob für das Doppelkalbssteak mit Morchelrisotto und Gemüse über.

«Ich würde nicht ein Jahr lang das gleiche Stück spielen wollen.»

Peter Denlo

Peter Denlo und seine DinnerKrimi-Truppe, übrigens alles Profischauspieler, haben viele Stammgäste. Nicht nur deshalb präsentieren sie jedes Jahr zwei bis drei neue Krimis. «Ich würde nicht ein Jahr lang das gleiche Stück spielen wollen», sagt Peter Denlo, «da schreibe ich lieber neue Stücke und studiere sie ein.» Neben dem Stammpublikum können die DinnerKrimi-Leute auch auf Stammrestaurants zählen: Viele Häuser sind schon seit dem Start vor elf Jahren dabei – zum Beispiel Schloss Rapperswil.

Willkommene Ergänzung des Angebots

Für den Geschäftsführer der Schlossgastronomie sind die Dinner- Krimi-Abende eine sehr willkommene Ergänzung des Angebots. «Mit dem Schlosshof und anderen Aussenlocations sind wir eher ein sommerlastiger Betrieb. Mit DinnerKrimis ist auch in den kälteren Monaten oder unter der Woche etwas los», erklärt Fabian Schnyder. Zudem seien diese Abende für Einzelpersonen oder kleine Gruppen die einzige Möglichkeit, in der Eventlocation Schloss Rapperswil zu speisen. Hier sind Essen sonst erst ab zwölf Personen möglich.

«Grundsätzlich», so Peter Denlo, «können wir in jeder Location spielen, in der es keine Sichtbehinderungen gibt und in der es akustisch funktioniert. Das ist für Firmenanlässe praktisch.» Aufgrund der schnellen Kostümwechsel sei es wichtig, eine Künstlergarderobe gleich beim Saal zu haben. «Es kommt vor, dass wir durch eine Küche rennen müssen, um in die Garderobe zu kommen. Dann wird es eng, aber das sind jeweils lustige Momente», erzählt Denlo nach der Show in einer sehr feudalen Garderobe, einem weiteren kleinen Saal im Schloss. Hier darf nun auch er das Dessert geniessen, mit dem die Krimifans die Klärung des Elvis- Falls feiern konnten: Rhabarber-Phyllo-Strudel mit marinierten Erdbeeren und Sauerrahmglace. Der Abend ist für Peter Denlo abgeschlossen, das Thema Krimi noch lange nicht.

«Es kommt vor, dass wir durch eine Küche rennen müssen, um in die Garderobe zu kommen.»

Peter Denlo

Neben weiteren DinnerKrimi-Abenden veranstaltet die Denlo Productions GmbH auch Weekendkrimis – von Freitagabend bis Sonntagmittag in Hotels – und jeweils an Pfingsten «Tatort Jungfrau ». «Da kommen jeweils hunderte von Leuten als Hobbydetektive in die Jungfrauregion, um einen Mörder zu suchen», erklärt Peter Denlo und lacht. «All das hält uns genug beschäftigt.»

VON:
Tobias Fischer